Lazy in Laos
16 12 2013„In Vietnam sät man den Reis, in Kambodscha sieht man zu, wie er wächst, und die Laoten hören den Reis wachsen“, sagt man in Südostasien.
Die Laoten gelten als das als das langsamste Volk weit und breit, manche bezeichnen sie gar als lazy, und diese gemütliche Grundstimmung kam meinem Wunsch nach Entschleunigung sehr entgegen.
Ein Haus für mich allein, eine Terrasse mit Hängematte direkt am Mekong, der gemächlich gen Süden fließt – auf Don Det habe ich mich eine Woche lang von den Strapazen der Reise erholt, in der Hängematte geschmökert („der Stille Amerikaner“), ein Nickerchen gemacht und wieder auf das große Wasser geschaut, das hier von vielen kleinen und großen Inseln durchsetzt ist.
Mein Haus am Mekong
Abends dann ins benachbarte Restaurant, wo der deutsche Inhaber so großartige Gerichte wie Frikadellen mit Zwiebelsoße und Stampfkartoffeln kredenzt. Beim Heimweg brauchte man allerdings eine Taschenlampe, um unter dem unglaublichen Sternenhimmel, der zwischen den prächtigen Palmen blitzte, den Weg zu finden und nicht mit den Wasserbüffeln zusammenzustoßen, die hier wie die Hühner frei herumlaufen, oder gar auf einen der gefährlichen Tausendfüßler zu treten.
Die 4000 Islands, wie die Region im Süden von Laos genannt wird, gelten als Backpacker-Mekka, und schon auf der Fähre zur Insel bekam ich eine Vorstellung davon, was das heißen kann, als ein barfüßiger europäischer Rastaman sich auf dem schmalen Boot nach vorne bewegte, wobei es gehörig ins Schwanken geriet, um auf dem Bug zu sitzen, die Füße im Mekong, das Gesicht in der Sonne.
In manchen Lokalen stehen happy Pizza oder happy mangoshake auf der Speisekarte und es ziehen bisweilen süßliche Schwaden durch die Luft, doch die Einheimischen wollen dem Einhalt gebieten, seit es unlängst einen Zwischenfall mit einem Finnen gab, der angeblich ein Schwein erwürgt und Kinder bedroht hat.
Weg auf Don Det
Doch das tut der tropischen Idylle keinen Abbruch, und wenn ich dann lange genug in der Hängematte geschaukelt und dem Treiben auf dem Mekong zugeschaut hatte, wo es regen Bootsverkehr gab – Morgens und abends Schulkinder, orangefarben gekleidete Mönche, Einheimische mit ihren Einkäufen, Touristen – habe ich mich auf mein Fahrrad geschwungen und die Inseln erkundet.
Wasserbüffel nehmen ein Bad
Auf der Nachbarinsel Don Khon gibt es spektakuläre Wasserfälle, an denen die Einheimischen mit Netzen, Körben, Schanzen und Gestellen Fische fangen. Einen der Fischer konnte ich dabei beobachten, wie er an sich an einem Seil durch die Fluten kämpfte, um seine Gerätschaften zu kontrollieren.
Wasserfall auf Don Khon
Nach Ansicht der Einheimischen wohnen in den Wasserfällen die Geister. Die scheinen hier überhaupt sehr aktiv zu sein. Unlängst erklärten ein paar Schulkinder, Geister gesehen zu haben, und als eines dann noch erkrankt, wurde die Schule für eine Woche geschlossen.
Diese Geister müssen auch für das nächtlich Geraschel an meiner Hütte verantwortlich sein, das mich in der ersten Nacht um den Schlaf brachte. Gottseidank hatte ich die Tür mit einem Strick zugebunden, denn abschließen konnte ich mein Haus nicht, zumindest nicht von innen.
Gackern Hühner bei Nacht? Diese Frage hat mich am folgenden Tag umgetrieben, denn meine Nachbarin meinte, das müssten die Hühner gewesen sein, aber ich habe nicht das leiseste Gackern vernommen. In der folgenden Nacht war es dann auch ruhig, zumindest bis meine Mitbewohner zum Leben erwachten, die auf vier Füßen gingen und zwischen Dach und Decke rumorten. Aber ich hatte ja ein großes rosarotes Moskitonetz über mir und fühlte mich nicht weiter in meiner Nachtruhe gestört. Die währte auch nur bis zum ersten Hahnenschrei, und auf der Insel gibt es viele Hähne!
Wenn ich dann gegen sechs Uhr früh aus meiner Hütte trat, hatte ich freie Sicht auf den Sonnenaufgang über dem Mekong. Abends ging sie auf der anderen Seite der Insel unter, ein ebenso prachtvoller Anblick, den ich am liebsten mit einem kühlen Tonicwater genossen habe. Das hatte ich zu meinem Lieblingsgetränk erklärt. Schon die Engländer haben in ihren Kolonien bevorzugt Tonicwater geschlürft (gerne mit Gin), denn das enthaltene Chinin hält die Malariamücken fern. Doch dann musste ich erfahren, dass man davon täglich 15 Liter trinken sollte, um einen nennenswerte Wirkung zu erzielen, denn heutzutage enthält es nur noch Spuren von Chinin.
Sonnenaufgang bei Don Det (4000 Islands, Laos)
Nach einer Woche in der Hängematte habe ich mich dann auf den Weg zur nächsten Attraktion gemacht, nach Champasak, einem Dörfchen etwa 100 km weiter nördlich. Wat Phu, die Tempelanlage aus dem 5. Jahrhundert, die als eine der wichtigsten archäologischen Stätten von Laos gilt, liegt malerisch am Fuß eines Berges, in einer angenehmen Fahrradentfernung von acht Kilometer außerhalb von Champasak.
Auf dem Weg dorthin kam ich an etlichen Tempeln aus jüngerer Zeit vorbei, die in heiteren Farben und viel Gold gehalten waren. Am erstaunlichsten fand ich den Buddha zwischen zwei Bäumen, der der Straße den Rücken kehrt.
Buddha am Straßenrand
Nach einem Blick in das angeschlossene Museum bin ich dann zwischen den rituellen Wasserbecken (die so groß waren, dass man auch von künstlichen Seen sprechen kann!) zum Tempel aufgestiegen. Am ersten Gebäudekomples waren Archäologen damit beschäftigt, den Tempel abzubauen, vermutlich um ihn später wieder aufzubauen.
Archäologen in Wat Phu
Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel und ich machte mich an den Aufstieg zum Haupttempel, der über steile, teils im Laufe der Jahrhunderte eingesunkene Treppen führt und gesäumt wird von von duftenden Fangipanibäumen, die ihre makellosen weiß gelben Blüten auf die schweißgebadeten Touristen rieseln lassen.
Oben angekommen habe ich mich dann mit köstlichen kleinen Kokosnusspuffern gestärkt, bevor ich einen Blick in das eigentliche Heiligtum geworfen habe. Es war Shiva geweiht und wurde an einer Quelle errichtet, dessen Wasser über Kanäle zu einem überdimensionalen Lingam geleitet wurde, der so ständig gekühlt, erfrischt und bespielt wurde. Muss sich gut anfühlen!!! Der Lingam ist nicht mehr da, und in dem ursprünglich hinduistischen Tempel hat ein großer Buddha Platz genommen.
Von Wat Phu bietet sich ein großartiger Ausblick auf das Mekongtal.
Der Fluß selbst ist hier träger und ruhiger als bei den 4000 Islands, er scheint sich kaum zu bewegen und liegt da wie ein stiller, großer See, dunstig und verschwiegen.
Mekong in Champasak
Am Abend wehten durch Champasak Töne, die mich an die indonesischen Gamelanorchester erinnerten. Ein Schattenpuppentheater hatte unter freiem Himmel eine Leinwand aufgestellt und jeden Abend gab es Probe, Tests oder Aufführungen – auf sehr hohem Niveau. Ein zehnköpfiges Orchester spielte auf Instrumenten, die ich noch nie gesehen bzw. gehört hatte, und auf der Leinwand tanzten, sangen, stritten und kämpften die Schatten der großen alten Puppen. Ich war jeden Abend da und habe mich mit einem Beerlao zu den Kindern, den wenigen Touristen und den Einheimischen auf die Zuschauerbänke gesetzt. Noch wird nur geprobt, aber schon die Proben waren großartig, und vom nächsten Monat an soll es dann jeden Abend Vorstellungen und auch eine Tournee durch andere Teile von Laos geben.
Schattenpuppentheater in Champasak
Puppenspieler
Nach ein paar Tagen bin ich dann weitergefahren, diesmal mit einem Pöngseau, wie die lokalen Busse hier genannt werden: auf einen Pick-up werden ein paar Reihen Bänke geschraubt, drüber ein Dach, ein kräftiger Dachgepäckträger. Dann braucht man noch etliche Dosen Farbe, um das Gerät mit Ranken, Blumen, Bergen und Flüssen zu verzieren und fertig ist der Bus. Mir graute ein wenig vor der Fahrt, denn es kann einem da auch passieren, dass man als 54. Passagier mit zehn Reissäcken und etlichen Körben voller Hühner um die letzten Quadratzentimeter Platz streiten muss, aber die Reise war angenehm, zumal die Straßen hier in einem erstaunlich guten Zustand sind. Angeblich sind es die Chinesen, die gegen Land, Bodenschätze und anderes die Infrastruktur auf Vordermann bringen, nicht zuletzt, um für die eigenen Zwecke die Nord-Süd-Achse nutzen zu können, die von China über Laos nach Kambodscha bzw. Thailand führt.
Local Bus in Laos
Laotisch ist eine sehr weiche, klangvolle Sprache.
Sabaidii! (Tschüß!)
Moin Bettina,
oh man, ich war heute Morgen um 7:00 schon in Laos!
Wenn ich das in meinem Club erzähle, das glaubt mir keiner.
Danke Bettina
PS.: Wieso sind denn die Tausendfüsser so gefährlich? Giftig? Vielleicht haben die ja in der ertsen Nacht so geraschelt? Wie groß sind die denn?
Ist das Dein rotes Fahrrad da beim Buddha? …..
Liebe Grüße Mathias
Hey, du Weltenbummlerin 🙂 bringst du mir Samen vom Fangifanibaum mit? Vielleicht gedeihen die hier ja auch bald, bei Temperaturen von 11 Grad die wir momentan mitten im Dezember haben. Herrlich die Hütten für die junge Frau, den jungen Mann und den Teenager! Sowas wünscht sich Camillo auch!Das Foto von der Hängematte im Fleischladen bekomme ich nicht zu sehen? Nur ein Fragezeichen in der Mitte…….?? Hm, viel Spaß noch und liebe weihnachtliche Adventsgrüße 🙂 aus den nördlichen Breiten der Erdhalbkugel ……..
Hallo Bettina,
du machst mir als Leserin wirklich eine große Freude, wenn du mich teilhaben lässt an deinen Einblicken und Bildern aus der Fremde. In mir löst es ein Wohlgefühl aus. Ich finde es spannend und lustig, mir vorzustellen, wie du auf dem Fahrrad sitzt und durch die Gegend radelst, oder im Bus unterwegs bist, überhaupt dass du unterwegs bist!
Liebste Grüße,
Marita