Palmen, Gold, Orange: Luang Prabang

26 12 2013

 

Manchmal komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Heute zum Beispiel. Ich bin mit dem Rad aus der Stadt über die Dörfer gefahren, immer am Mekong lang. Hütten, Häuser, Palmen, Bananenpflanzen, Papayas, lila Bougainvillea, Menschen, die freundlich Sabaidii! rufen. Mitten auf der Straße liegt ein Hund, schaut kurz auf, als er mich sieht, leckt sich die Pfote und schließt die Augen wieder. Es kommt anscheinend so selten mal was vorbei, dass er gefahrlos mitten auf der Straße pofen kann. Aber was heißt Straße? Es ist eine holprige Piste, und wenn doch mal ein Tuc-Tuc oder ein Roller mich überholt, bin ich in eine Staubwolke gehüllt. Und dann wie eine Fatamorgana ein geschnitzter, goldener Giebel, eine strahlend weiße Stupa, ein Tempel, hier Wat genannt. Mitten im Staub, in einem Flecken im Nirgendwo stehe ich plötzlich vor einem Kloster. Goldene Löwen bewachen das Portal, in einem Häuschen hängt die riesige Trommel, der Tempel erstrahlt in rot und ist über und über mit goldenen Mustern verziert, ich werfe einen Blick hinein, Goldene Buddhas schenken mir ihr mildes Lächeln. Auf dem Hof tummeln sich ein paar junge Mönche, sie mögen kaum 16 sein, in orangefarbene Gewänder gehüllt, machen Faxen und lachen, einer hat ein Handy in der Hand. Ich setze mich einen Moment unter einen der ausladenden alten Bäume und genieße die Stille, die heiteren Farben, und denke darüber nach, wie anders doch das Christentum ist. 

 

 

Junge Mönche in Luang Prabang

Selbst wenn die Dörfer noch so armselig aussehen, hat jedes mindestens einen goldenen Tempel, wenn nicht mehrere. Die Hühner laufen gackernd herum, eine Mutter badet vor dem Haus ihr kleines Kind in einer großen Schüssel, Frauen sitzen plaudernd zusammen, Männer spielen Brettspiele. Durch die hohen Palmen am Wegrand ist immer wieder der Mekong zu sehen. Dann höre ich Musik, ein junger Mann sitzt auf der Terrasse, spielt Gitarre und singt. Es klingt popig, weich, geradezu lieblich, ich fahre weiter in das goldene Licht, blicke in die Palmen und ich genieße jede Sekunde dieser Stunde.

Laos ist ländlich- gemütlich, Städte gibt es ohnehin kaum, und auch dort lassen die Menschen sich nicht aus der Ruhe bringen. Dass jemand arbeitet, sieht man eher selten. Alles geht langsam, Lao-langsam, schon das Kassieren im Restaurant ist eine Aufgabe, die höchste Konzentration erfordert und wieviel Wechselgeld ich dann zurückbekommen muss, rechnet man lieber mit dem Taschenrechner aus. 

 

 

 

So ist es zumindest in Luang Prabang, einer Stadt eher im Norden von Laos. Dort gibt es zwei Flüsse, eine Halbinsel, etwa dreißig Tempel, einen Hügel – mit was wohl? einem Tempel natürlich, und so schwirren jede Menge orangefarben gekleideter Mönche durch die Stadt.

 

 

 

Blick auf den Mekong in Luang Prabang

 Im Morgengrauen sammeln sie Almosen. Die Laoten hocken dann auf Matten am Straßenrand, und legen den vorbeiziehenden Mönchen ihre Gaben in die Opferschalen, meist sticky rice, den sie zu Kügelchen formen. Manche geben auch Obst oder die beliebte süße Kondensmilch. Leider wird die heilige Zeremonie von aufdringlichen Touristen gestört, die jede möglichst viele Fotos aus größtmöglicher Nähe schießen wollen. 

 Morgengabe der Mönche

Und Touristen gibt es hier viele, was kein Wunder ist, denn die Stadt ist geradezu märchenhaft schön. Zur einen Seite der von riesigen Palmen gesäumte Mekong, zur anderen Seite noch ein Fluss, in der Umgebung ragen die Berge auf, farbenprächtige Märkte, ein prunkvoller Königspalast, der heute als Museum dient und neben Kunstschätzen die Autosammlung des letzten Königs beherbergt.

 

 

Details an einem Tempel in Luang Prabang

Und an den vielen Tempeln kann ich mich gar nicht sattsehen. Manche sind über und über mit Mosaiken bedeckt. Wohin man auch geht, alle Nase lang schimmert es golden und die Stadt scheint in ein flirrendes goldenes Licht getaucht zu sein.

 Darüber ein strahlend blauer Himmel. An den Tempeln werden Opfergaben verkauft, kunstvolle kleine Gebinde aus Blättern und orangefarbenen Blüten und winzige piepende Vögel, die man dann dem Buddha zu Ehren in die Freiheit entlässt.

 

 Opfergaben: Vögel in Körbchen, Blumengebinde

Doch wenn die Sonne tiefer sinkt und schließlich untergegangen ist, zeigt sich die Schattenseite dieser Schönheit, denn es wird nachts eiskalt. Schon in Pakse, einem Städtchen in Südlaos, habe ich so gefroren, dass ich mir warme Kleidung kaufen musste, und in Luang Prabang schlafe ich mit Socken, Leggings, Hemd, Pyjama, dicker Sweatjacke mit Kapuze. Wenn ich mich dann in die vier Decken wickle, die in meinem Zweibettzimmer erfreulicherweise zur Verfügung stehen, geht es. Häufig haben die Fenster hier keine Scheiben, sondern nur ein Fliegengitter, und 90 Prozent der Restaurants sind auch als Open-Air-Lokale angelegt. Da sitzen die armen Touristen dann in ihren Fließjacken und windbreakern und schlottern.

 

 

 

 

Fischer in Luang Prabang, früh am Morgen

Deshalb habe ich mich früher als geplant von Laos verabschiedet und bin weiter nach Thailand. Doch die Gesichter der Laoten, diese scheuen, lieben Blicke und die Augen der jungen Mönche, die kann ich nicht vergessen. Ich mag die Laoten, sogar lai-lai. Das ist laotisch und heißt sehr!



Landpartie in Laos

25 12 2013

Nur zwanzig Prozent der Laoten leben in einer Stadt. Insofern ist eine Reise in Laos meist eine Landpartie, aber die abgelegeneren Dörfer und Flecken sind schwer zu erreichen. Und wo will man da unterkommen?Die wilden jungen Menschen fräsen bisweilen mit einem Roller durch die Gegend und machen dann „homestay“ bei laotischen Bauern, eine neue Form des Tourismus. Die Familien nehmen einen Gast auf, er isst mit ihnen, wäscht sich wie sie im Fluss und sie verdienen sich ein Zubrot. Beim Gedanken an die vielen Tiere, mit denen ich dann womöglich mein Lager teilen müsste, habe ich davon aber lieber Abstand genommen. 

Ich war inzwischen in Pakse angekommen, einem Städtchen an einem Fluss. Preisfrage: wie heißt der Fluss? Natürlich!! Mekong!! In Pakse gibt es den größten Markt von Laos mit riesigen Fischen aus dem Mekong, Bergen von duftenden Kräutern, Säcken voller Tabak und Reis und ganze Galerien merkwürdiger getrockneter Meeresbewohner.

 was gibt es da zu gucken?

 

Marktszene

 

 

Boxkampf gucken in der Markthalle 

 

 

Ententransport 

 

Flaschensammlerin in Pakse (Laos)

Nach drei Tagen Tag hatte ich die Stadt dann auch gesehen und wollte mit einer kleinen Gruppe im Minivan, wie die Kleinbusse hier genannt werden, aufs Bolavenplateau. Doch am Morgen regnete es in Strömen, und der Inhaber meines guesthouses meinte, das würde den ganzen Tag so gehen, es sei Taifun über Vietnam, und sah sorgenvoll in die Palmen, die sich im Regen wiegten. Da bin ich dann lieber einen Tag in meinem schönen, komfortablen, blitzeblanken Zimmer geblieben, was nach der Woche in der Bambushütte eine echte Freude war!

Doch in der Nacht wurde ich plötzlich wach von einem Kribbeln am Hals. Ich habe das Tierchen gleich geschnappt, Licht an, betrachtet und festgestellt: kenne ich nicht. Vielleicht zwei Millimeter, kein Floh, keine Laus. Tags drauf habe ich dann bei Wikipedia nachgesehen, was es so für Viecher gibt – und in Windeseile meine Sachen gepackt. Eine Bettwanze, der Schrecken jedes Travellers. Das Tierchen hat mich zwar nicht gebissen – angeblich beißen sie nur einen Teil der Menschheit, das soll aber sehr unangenehm sein und mit „Wanzenstraßen“ und wochenlangem Juckreiz verbunden sein – aber sie gehen auch gern auf Reisen. Dazu schlüpfen sie im Gepäck ihres Gastgebers unter, gründen darin eine Familie und begleiten ihn dann oft noch monatelang, gerne auch bis nach Hause. Dabei sah das Zimmer so sauber aus und war eines der teuersten der letzten Zeit. Wanzen können monatelang ohne Blut auskommen, wohnen in altem Gebälk, in Ritzen, Ecken und Matratzen – und suchen die Nähe des Menschen.

So habe ich einen ganzen Tag mit der Suche nach einer Unterkunft verbracht, denn mein guesthouse war wirklich das schönste der Stadt… schließlich bin ich noch fündig geworden, habe aber in der Nacht gefroren wie ein Schneider ( warum frieren Schneider eigentlich??? könnten sich doch was nähen!). Nach dem Regen hat es sich abgekühlt, und zwar in der ganzen Region, und in Kambodscha spricht man schon vom kältesten Winter seit dreißig Jahren. Die Temperaturen liegen nachts zwar immer noch bei zehn Grad, aber ohne Heizung, Federbetten und Scheiben in den Fenstern kann das ganz schön schattig sein.

Dann ging es im zweiten Anlauf endlich aufs Bolavenplateau, das mich von der Landschaft her an das Hochland von Vietnam erinnert hat. Auch hier wird Kaffee angebaut, es gibt prächtige Wasserfälle und man kann abgelegene Dörfer besuchen. In Laos gibt es – laut der letzten Volkszählung – 49 verschiedene Ethnien, viele davon mit einer eigenen Sprache, was die Weiterentwicklung des Landes nicht gerade erleichtert. 

Wir waren in einem Dorf einer animistischen Minderheit, wo die Büffel, Schweine und alle anderen Viecher frei im Dorf herumliefen und man beim Rundgang aufpassen musste, dass man nicht in ihre Hinterlassenschaften trat. 

 

 

Dorf auf dem Bolavenplateau

Dann kamen wir zu einem Weberdorf, wo die Frauen unter den Pfahlbauten ihre Webrahmen aufgespannt hatten, die sie mit den Füßen hielten.

 

 

 

Weberin auf dem Bolavenplateau. Der grün-schwarze Schal links wurde mein Weihnachtsgeschenk!

In einer Art Museumsdorf, das am Rand eines Stammesgebiets lag wurde die Architektur, Kultur, Lebensweise dieses Volkes vorgestellt, das dadurch vom Tourismus unbehelligt bleibt. Vielleicht kein schlechtes Konzept.

 

 

Waldhaus

 

Die Menschen sahen hier schon etwas abenteuerlicher aus, zwei alte Frauen mit roten Zähnen ( vom Kauen der Betelnüsse), bunten Gewändern und weißen Scheiben in den Ohrläppchen, so groß wie ein Fünfmarkstück (falls sich noch jemand an die erinnert!) gingen plaudernd über eine Hängebrücke.

Das Königreich Laos wurde früher auch „Land der Millionen Elefanten“ genannt, und am Königspalast von Luang Prabang prangen Embleme von Elefanten.

 

 

Königspalast in Luang Prabang

Die Elefanten sind so etwas wie das Wappentier, spielen immer noch eine Rolle, und auch auf dem Bolavenplateau konnte ich einen leibhaftigen Elefanten beobachten. Er hatte gerade Futter bekommen, eine Bananenstaude, und nachdem er zuerst vergeblich versucht hatte, sie im Ganzen zu verschlingen, legte er sie vor seine Füße und verzehrte ganz manierlich eine nach der anderen!

 

 

 

 Elefant futtert Bananen



Lazy in Laos

16 12 2013

„In Vietnam sät man den Reis, in Kambodscha sieht man zu, wie er wächst, und die Laoten hören den Reis wachsen“, sagt man in Südostasien.

Die Laoten gelten als das als das langsamste Volk weit und breit, manche bezeichnen sie gar als lazy, und diese gemütliche Grundstimmung kam meinem Wunsch nach Entschleunigung sehr entgegen.

Ein Haus für mich allein, eine Terrasse mit Hängematte direkt am Mekong, der gemächlich gen Süden fließt – auf Don Det habe ich mich eine Woche lang von den Strapazen der Reise erholt, in der Hängematte geschmökert („der Stille Amerikaner“), ein Nickerchen gemacht und wieder auf das große Wasser geschaut, das hier von vielen kleinen und großen Inseln durchsetzt ist.

 

 

Mein Haus am Mekong

Abends dann ins benachbarte Restaurant, wo der deutsche Inhaber so großartige Gerichte wie Frikadellen mit Zwiebelsoße und Stampfkartoffeln kredenzt. Beim Heimweg brauchte man allerdings eine Taschenlampe, um unter dem unglaublichen Sternenhimmel, der zwischen den prächtigen Palmen blitzte, den Weg zu finden und nicht mit den Wasserbüffeln zusammenzustoßen, die hier wie die Hühner frei herumlaufen, oder gar auf einen der gefährlichen Tausendfüßler zu treten. 

Die 4000 Islands, wie die Region im Süden von Laos genannt wird, gelten als Backpacker-Mekka, und schon auf der Fähre zur Insel bekam ich eine Vorstellung davon, was das heißen kann, als ein barfüßiger europäischer Rastaman sich auf dem schmalen Boot nach vorne bewegte, wobei es gehörig ins Schwanken geriet, um auf dem Bug zu sitzen, die Füße im Mekong, das Gesicht in der Sonne.

In manchen Lokalen stehen happy Pizza oder happy mangoshake auf der Speisekarte und es ziehen bisweilen süßliche Schwaden durch die Luft, doch die Einheimischen wollen dem Einhalt gebieten, seit es unlängst einen Zwischenfall mit einem Finnen gab, der angeblich ein Schwein erwürgt und Kinder bedroht hat.

Weg auf Don Det 

Doch das tut der tropischen Idylle keinen Abbruch, und wenn ich dann lange genug in der Hängematte geschaukelt und dem Treiben auf dem Mekong zugeschaut hatte, wo es regen Bootsverkehr gab – Morgens und abends Schulkinder, orangefarben gekleidete Mönche, Einheimische mit ihren Einkäufen, Touristen – habe ich mich auf mein Fahrrad geschwungen und die Inseln erkundet.

 Wasserbüffel nehmen ein Bad

 

Auf der Nachbarinsel Don Khon gibt es spektakuläre Wasserfälle, an denen die Einheimischen mit Netzen, Körben, Schanzen und Gestellen Fische fangen. Einen der Fischer konnte ich dabei beobachten, wie er an sich an einem Seil durch die Fluten kämpfte, um seine Gerätschaften zu kontrollieren.

 

 

 

 

 

 Wasserfall auf Don Khon

Nach Ansicht der Einheimischen wohnen in den Wasserfällen die Geister. Die scheinen hier überhaupt sehr aktiv zu sein. Unlängst erklärten ein paar Schulkinder, Geister gesehen zu haben, und als eines dann noch erkrankt, wurde die Schule für eine Woche geschlossen.

Diese Geister müssen auch für das nächtlich Geraschel an meiner Hütte verantwortlich sein, das mich in der ersten Nacht um den Schlaf brachte. Gottseidank hatte ich die Tür mit einem Strick zugebunden, denn abschließen konnte ich mein Haus nicht, zumindest nicht von innen. 

Gackern Hühner bei Nacht? Diese Frage hat mich am folgenden Tag umgetrieben, denn meine Nachbarin meinte, das müssten die Hühner gewesen sein, aber ich habe nicht das leiseste Gackern vernommen. In der folgenden Nacht war es dann auch ruhig, zumindest bis meine Mitbewohner zum Leben erwachten, die auf vier Füßen gingen und zwischen Dach und Decke rumorten. Aber ich hatte ja ein großes rosarotes Moskitonetz über mir und fühlte mich nicht weiter in meiner Nachtruhe gestört. Die währte auch nur bis zum ersten Hahnenschrei, und auf der Insel gibt es viele Hähne! 

Wenn ich dann gegen sechs Uhr früh aus meiner Hütte trat, hatte ich freie Sicht auf den Sonnenaufgang über dem Mekong. Abends ging sie auf der anderen Seite der Insel unter, ein ebenso prachtvoller Anblick, den ich am liebsten mit einem kühlen Tonicwater genossen habe. Das hatte ich zu meinem Lieblingsgetränk erklärt. Schon die Engländer haben in ihren Kolonien bevorzugt Tonicwater geschlürft (gerne mit Gin), denn das enthaltene Chinin hält die Malariamücken fern. Doch dann musste ich erfahren, dass man davon täglich 15 Liter trinken sollte, um einen nennenswerte Wirkung zu erzielen, denn heutzutage enthält es nur noch Spuren von Chinin.

 

Sonnenaufgang bei Don Det (4000 Islands, Laos)

Nach einer Woche in der Hängematte habe ich mich dann auf den Weg zur nächsten Attraktion gemacht, nach Champasak, einem Dörfchen etwa 100 km weiter nördlich. Wat Phu, die Tempelanlage aus dem 5. Jahrhundert, die als eine der wichtigsten archäologischen Stätten von Laos gilt, liegt malerisch am Fuß eines Berges, in einer angenehmen Fahrradentfernung von acht Kilometer außerhalb von Champasak.

 Auf dem Weg dorthin kam ich an etlichen Tempeln aus jüngerer Zeit vorbei, die in heiteren Farben und viel Gold gehalten waren. Am erstaunlichsten fand ich den Buddha zwischen zwei Bäumen, der der Straße den Rücken kehrt. 

Buddha am Straßenrand

Nach einem Blick in das angeschlossene Museum bin ich dann zwischen den rituellen Wasserbecken (die so groß waren, dass man auch von künstlichen Seen sprechen kann!) zum Tempel aufgestiegen. Am ersten Gebäudekomples waren Archäologen damit beschäftigt, den Tempel abzubauen, vermutlich um ihn später wieder aufzubauen. 

 

 

 Archäologen in Wat Phu

Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel und ich machte mich an den Aufstieg zum Haupttempel, der über steile, teils im Laufe der Jahrhunderte eingesunkene Treppen führt und gesäumt wird von von duftenden Fangipanibäumen, die ihre makellosen weiß gelben Blüten auf die schweißgebadeten Touristen rieseln lassen.

 Oben angekommen habe ich mich dann mit köstlichen kleinen Kokosnusspuffern gestärkt, bevor ich einen Blick in das eigentliche Heiligtum geworfen habe. Es war Shiva geweiht und wurde an einer Quelle errichtet, dessen Wasser über Kanäle zu einem überdimensionalen Lingam geleitet wurde, der so ständig gekühlt, erfrischt und bespielt wurde. Muss sich gut anfühlen!!! Der Lingam ist nicht mehr da, und in dem ursprünglich hinduistischen Tempel hat ein großer Buddha Platz genommen.

 

Von Wat Phu bietet sich ein großartiger Ausblick auf das Mekongtal.

 Der Fluß selbst ist hier träger und ruhiger als bei den 4000 Islands, er scheint sich kaum zu bewegen und liegt da wie ein stiller, großer See, dunstig und verschwiegen. 

Mekong in Champasak 

Am Abend wehten durch Champasak Töne, die mich an die indonesischen Gamelanorchester erinnerten. Ein Schattenpuppentheater hatte unter freiem Himmel eine Leinwand aufgestellt und jeden Abend gab es Probe, Tests oder Aufführungen – auf sehr hohem Niveau. Ein zehnköpfiges Orchester spielte auf Instrumenten, die ich noch nie gesehen bzw. gehört hatte, und auf der Leinwand tanzten, sangen, stritten und kämpften die Schatten der großen alten Puppen. Ich war jeden Abend da und habe mich mit einem Beerlao zu den Kindern, den wenigen Touristen und den Einheimischen auf die Zuschauerbänke gesetzt. Noch wird nur geprobt, aber schon die Proben waren großartig, und vom nächsten Monat an soll es dann jeden Abend Vorstellungen und auch eine Tournee durch andere Teile von Laos geben.

 

 

 

Schattenpuppentheater in Champasak

 

Puppenspieler

Nach ein paar Tagen bin ich dann weitergefahren, diesmal mit einem Pöngseau, wie die lokalen Busse hier genannt werden: auf einen Pick-up werden ein paar Reihen Bänke geschraubt, drüber ein Dach, ein kräftiger Dachgepäckträger. Dann braucht man noch etliche Dosen Farbe, um das Gerät mit Ranken, Blumen, Bergen und Flüssen zu verzieren und fertig ist der Bus. Mir graute ein wenig vor der Fahrt, denn es kann einem da auch passieren, dass man als 54. Passagier mit zehn Reissäcken und etlichen Körben voller Hühner um die letzten Quadratzentimeter Platz streiten muss, aber die Reise war angenehm, zumal die Straßen hier in  einem erstaunlich guten Zustand sind. Angeblich sind es die Chinesen, die gegen Land, Bodenschätze und anderes die Infrastruktur auf Vordermann bringen, nicht zuletzt, um für die eigenen Zwecke die Nord-Süd-Achse nutzen zu können, die von China über Laos nach Kambodscha bzw. Thailand führt.

 

 Local Bus in Laos

 Laotisch ist eine sehr weiche, klangvolle Sprache. 

Sabaidii! (Tschüß!)



Ratanakiri

7 12 2013

Ratanakiri ist eine Provinz im Nordosten von Kambodscha. Der Name der Hauptstadt bedeutet „rote Erde“ und schon nach wenigen Stunden in Banlung war auch ich überzogen von roten Staub. 

 

 

Straße in Banlung

 

In Ratanakiri wird Kautschuk gewonnen, man baut Cashewnüsse und Maniok an, doch Fremde verirren sich nur hierher, um zu einer Treckingtour im nahen Virachey Nationalpark aufzubrechen.

Mir war nicht so nach Dschungel, zumal alle Zurückkehrenden von Moskitos, Blutegeln und schrecklichen Strapazen berichteten. Aber wo es Dschungel gibt, müssen bisweilen auch große Bäume weggeschleppt werden, und das können eigentlich nur Elefanten. Die seltene Gelegenheit habe ich genutzt. Natürlich kann man auch in Hamburg Lokstedt auf einem Elefanten reiten, aber eben nicht durch den Dschungel!

Mutter und Tochter Elefant gehen immer zusammen, und da ich die einzige Touristin war, setzten sie ihre vielen Tonnen nur für mich in Bewegung und schaukelten mich eine Stunde lang durch die Gegend. Zuerst ging es die rote Piste entlang. Die Mutter ging voraus, die Tochter hinterher. Mein Mahout war ein kaum zwölf Jahre älter Bengel, er saß auf dem Kopf des Elefanten und lenkte nur mit den Füßen. 

Als wir von der Schotterpiste abbogen und in den Wald kamen, fühlte ich mich wie die Königin des Dschungels. Sonst muss man in diesen Breiten ja darauf achten, wohin man tritt, um nicht versehentlich eine Baumwurzel, ein dorniges Gestrüpp oder gar eine Schlange zu übersehen, aber jetzt konnte ich in aller Ruhe und aus einiger Höhe die riesigen Bäume, die seltsamen Schlingpflanzen und die spatzengroßen Schmetterlinge betrachten. Mitten im Wald machte der Mahout des Muttertiers es sich dann bequem, streckte sich auf dem Sattel aus, zog sein Handy aus der Tasche, stellte Musik an, setzte die Ohrhörer ein und chillte eine Runde. 

 

 

Der Wunsch nach etwas Entspannung zwischendurch muss auch die junge Fleischereifachverkäuferin angetrieben haben, die ich auf dem Markt in Banlung sah. Sie saß nicht hinter ihrem Ladentisch und hockte auch nicht mitten in der Ware, sondern schaukelte gemütlich über den Fleischbrocken – in einer Hängematte.

Metzgerei mit Hängematte

 Jeder größere Ort hat eine Markthalle, so auch in Banlung. Doch hier werden nicht etwa Lebensmittel verkauft, sondern Schmuck. In Ratanakiri gibt es viele Edelsteinminen, und die wertvollen Stücke werden in der Markthalle von zahllosen Goldschmieden zu prächtigen Geschmeiden verarbeitet.

 

Goldschmiede in Banlung

In Kratie habe ich einen Blick in verschiedene Tageskliniken geworfen und mir mit Schrecken ausgemalt, was mir bevorstünde, wenn ich hier mit Denguefieber oder Malaria darniederliegen würde. Diese Ambulanzen sind in Ladengeschäften untergebracht und liegen dann zum Beispiel zwischen Busstation und Lebensmittelladen. Der Raum ist zur Straße offen, ein Bett steht neben dem anderen, manche Patienten liegen auch in Hängematten und siechen vor sich hin. Die meisten haben Infusionen am Arm, die aber auch ambulant verabreicht werden, und so sieht man Menschen mit einem Bambusstab mit Infusionsflasche auf ein Motorrad steigen. 

 

In Bandung ragte sogar mal eine Infusion aus einem minivan.

 Krankentransport in Kambodscha

 In Ratanakiri leben viele „minorities“, die mit Körben auf dem Rücken in die Stadt laufen, auf dem Markt einkaufen oder ihre Produkte feilbieten. 

In den traditionellen Häusern leben alle unter einem Dach. Wenn die Kinder erwachsen sind, ziehen sie in ein eigenes kleines Haus, gleich nebenan. Dort bleiben sie, bis sie selbst eine Familie gründen.

Links das Familienhaus, daneben die Häuser für die Teenager. In der Mitte das für den jungen Mann, rechts das für die junge Frau

 

 

 



Balkon am Mekong

2 12 2013

„You want to try? You can try! It’s good!“ Die Frau zeigt auf einen Berg knuspriger, fein gewürzter Taranteln. „Or this one? Very Good!“ Sie nimmt eine knackige Heuschrecke, die angeblich gar nicht übel schmecken, und schiebt sie in den Mund.

 

Links die Heuschrecken, rechts die Spinnen, oben Pomelos

Ich halte mich lieber an eine andere lokale Spezialität: Cashewnüsse. Ich bin unterwegs nach Kratie, einem Städtchen auf halbem Weg zwischen Phnom Penh und Laos, und der Bus hat einen Zwischenstop in Skuon (auch spiderville genannt) eingelegt. Die Fahrt ist anstrengend, in jedem Dorf werden weitere Passagiere, Taschen und Reissäcke in den Bus gestopft und so sacken wir immer tiefer in die zahllosen Schlaglöcher. Dann sind wir endlich am Ziel, und als ich meinen Rucksack zum Guesthouse schleppe, habe ich kaum Augen für die Strasse oder die Stadt, denn zu meiner Linken breitet sich eine riesige Wasserfläche aus, das große Wasser, der Mekong. Er ist auch hier mindestens einen Kilometer breit, lässt jetzt zu Beginn der Trockenzeit ein paar Sandbänke sehen und das Wasser fließt gemächlich gen Süden. Was für ein riesiger, friedvoller Strom! Die Promenade, das Hafenbüro, die Fischerboote und vor allem das Licht – man fühlt sich wie am Meer.

 

Hafenbüro und Schiffsanleger in Kratie

Im guesthouse balcony wird meine Begeisterung für diesen Fluss noch weiter angefacht, denn der riesige Balkon geht direkt auf den Mekong und so kann ich zu jeder Tageszeit die Farben des Wassers betrachten, das leichte Kräuseln der Oberfläche und den wenigen Schiffen zuschauen. In Vietnam war der Mekong eindeutig Braun, hier ist er mal silbern oder grau oder beige, manchmal rötlich oder grünlich. Eigentlich hat er eher die Farbe der Erde als des Wassers und vielleicht macht genau dieses Zwitterdasein zwischen Wasser und Erde, die ja sonst nicht fließen kann, seinen Reiz aus.

 

 

Fischer am Mekong 

Tags drauf fahre ich mit dem Rad in Richtung Norden, passiere kleine Dörfer, und oft rufen Kinder hello! und winken. Doch auch die Erwachsenen, die entlang der Strasse kleine Geschäfte betreiben oder selbst mit Rad oder Roller unterwegs sind, lächeln mir zu. Die Häuser stehen auf Stelzen, darunter wird der Roller geparkt, der Reis gelagert oder das Vieh gefüttert. Und wenn es zu heiß ist, schaukelt man dort in der Hängematte.

 

 

Dorfstraße bei Krati

 

 

Ich komme an einem Tempel vorbei, mache Halt und staune über die farbenfrohen Skulpturen und über die Mönche. Manche von ihnen sind kaum zehn Jahre alt.

 

 

 

Ein weiterer Tempel liegt auf einem Hügel, und auch hier komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Am Eingang sind zwei junge Männer damit beschäftigt, neue Elefanten für das Portal zu bauen, anscheinend haben sie Spass an der Arbeit, sie lachen, machen Faxen und winken mir zu.

 

Mehrere lange Treppen führen auf den Hügel hinauf. Sie sind gesäumt von lebensgroßen, orangefarben gekleideten Mönchen mit Bettelschale. Auf kleinen Tafeln zu ihren Füssen stehen jeweils Name und Herkunft des edlen Spenders; viele kommen aus Australien. Dieses Kloster ist auch offen für Gäste aus aller Welt, die hier meditieren wollen.

 

Auf dem Weg blitzte er immer wieder zwischen den Häusern und Palmen durch, oben vom Hügel blickt man auf ihn hinab und endlich bin ich dann wieder an seinen Ufern, am Mekong. Ich lasse mich mit einem Boot mitten auf den Fluss fahren, in dem hier kleine Pflanzeninseln schwimmen und da und dort Sandbänke durchs Wasser schimmern. Wir fahren ein Stück, dann hält der Schiffer an, macht den Motor aus und guckt aufs Wasser. Da! Bedeutet er mir dann und ich folge seinem Fingerzeig und sehe eine schwarze Flosse. Dann einen buckeligen Rücken, einen Kopf, zwei Flossen. Delphine. Im Mekong leben Süsswasserdelphine. Die sind sehr selten und man darf sich nur mit ortskundigen Führern zum Dolphin-watching in ihre Nähe begeben. 

dolphin-watching 

 

Am nächsten Tag setze ich mit der Fähre zu der Insel über, die gegenüber von Kratie im Mekong liegt. Es ist eine lustige Truppe versammelt: ein paar Schulkinder in ihren Uniformen (weiße Bluse bzw. weißes Hemd und dunkelblaue Hose bzw. Rock), Frauen in Pyjamas (hier eine beliebte Damenoberbekleidung, bei der Hitze kein Wunder, dabei sehr kleidsam!), die meisten mit Hut und viele auch noch mit Gesichtsschutz, den sie wie eine Atemmaske tragen. Um nicht Braun zu werden. Ein älteres Ehepaar zieht Bänder in den neuen Bootsvorhang, die Frau, die später das Fahrgeld eintreiben wird, schaukelt gemütlich in einer Hängematte direkt hinter dem Bootsführer, zwei Mönche in Orange sitzen freundlich lächelnd in der schwatzenden, lachenden Gesellschaft. Eine junge Neuseeländerin und ich sind die einzigen Fremden.

Wir tun uns zusammen und radeln gemeinsam um die Insel. Von hier aus gesehen ist der Mekong manchmal sogar blau, doch viel beeindruckender sind die großen Sandbänke. In der Regenzeit werden sie überschwemmt sein, doch jetzt liegen sie vor der Insel wie eine Dünenlandschaft. 

 

 

 

Wir schauen uns auch die schwimmenden Dörfer auf der anderen Seite der Insel an. Die andere Attraktion bekommen wir nicht zu Gesicht: die Schlammschildkröten, die angeblich bis zu einem Meter groß werden.

Nach ein paar Tagen stelle ich erstaunt fest, dass Kratie auch eine Markthalle, Restaurants und eine Einkaufsstraße hat; bis dahin hatte ich nur Augen für den Mekong. Und dessen Reize kann keine noch so hübsche Stadt übertrumpfen. 

 

 

 

Blick vom Balkon am Mekong