Leaving China

18 10 2013

Nach sechs Wochen China will ich nun weiterreisen nach Vietnam. Das Visum um gibt es beim vietnamesischen Konsulat in Nannin. Doch mir graut vor einer weiteren chinesischen Großstadt (7 Millionen) und ich habe das Komplett-Paket einer Reiseagentur im lauschigen Guilin gebucht: Visum besorgen, Bus nach Nanning und von dort am nächsten Morgen weiter mit dem Bus nach Hanoi. Der Pass würde direkt in das Hotel in Nanning gebracht, hieß es. Und dort bin ich nun gestrandet. 

 Hotel in Nanning

Das Hotel – ein luxuriös wirkender Palast mit zwei riesigen Marmorsäulen in der Hotelhalle, das das hostel für mich gebucht hat, weil es direkt an der busstation liegt, lässt mich ohne Pass nicht einchecken.  Nur zum Vergleich: so haben wir sonst gewohnt!

 Hostel in Chengdu

 

Inzwischen hänge ich schon seit zwei Stunden in den roten Sesseln in der Lobby herum und starre auf die riesigen Glastüren. Der Kurier komme so schnell wie möglich, hat der Mann von der Agentur mir am Telefon versprochen. Er hieß übrigens „Forest“. Chinesen, die mit Westlern zu tun haben geben sich oft westliche Namen.

Die supernette Frau vom backstreet hostel in Guilin, die die ganze Sache für mich organisiert hat, meinte schon warnend, es sei aber ein chinesisches Hotel – ich so : well, this is China! Da hat sie gelächelt und gemeint, es spräche möglicherweise niemand englisch, und so ist es auch. Die junge Frau, die mich nicht einchecken wollte und diverse Telefonate führte, bevor ich in die Wartezone gebeten wurde, konnte ein paar Brocken Englisch, ist aber inzwischen auf hohen Hacken in den Feierabend gestöckelt. Nebenbei: Ausländer müssen in China ihren Pass bei sich führen, wer ohne gültiges Visum aufgegriffen wird, muss eine Strafe von ca. 50 Euro pro Tag zahlen, die in Haft umgewandelt werden kann. Wie viele Hinrichtungen gibt es in China jedes Jahr? Waren das 10 000?

Die Fahrt war anstrengend. Es regnet schon den ganzen Tag, die Landschaft liegt eher im trüben. Nach einer Weile stieg die Straße immer mehr an, eine enge Fernstraße voller Laster, steile Abgründe taten sich auf, etliche Unfälle mit grauenhaft zerquetschten Autos, Pkws wie LKWs.

 Wir standen fast eine Stunde im Stau, eingekeilt zwischen mächtigen Lastern, auf dem Bildschirm vorne im Bus schüttelten blonde Schlampen ihre knappen roten Fransenkleider und liessen die Hüften kreisen. 

Als es dann endlich weiterging, drängten sich alle an die Fenster, sahen sich das Massaker genau an, machten noch ein Foto und sackten unter lautem Wehklagen wieder auf ihre Sitze. So machten wir erst nach iStunden die erste Pinkelpause, die ich zu einem kleinen Exkurs über chinesische Toiletten nutzen möchte.

Je gepflegter das Lokal, desto höher sitzt man. In gediegenen Restaurants also ganz westlich, gern auch mit rotierender Toilettenbrille, die vor jeder Benutzung automatisch desinfiziert wird. In der nächsttieferen Kategorie gibt es dann die französische Toilette, zum hocken, nicht selten mit Lichtschranke: sobald man aufsteht, wird gespült. An den Bahnhöfen sind die Toiletten dann eher basic. Die Türen – so vorhanden- sind nur etwa einen Meter hoch und selten abzuschließen, oft stehen sie auch einfach auf. Chinesinnen pinkeln ungeniert in Gesellschaft. Manchmal zieht sich durch die Kabinen auch einfach eine Rinne, so wie in Kuhställen. Man bzw. frau hockt sich vor die Rinne oder breitbeinig drüber. Auf dem letzten Busbahnhof gab es neben den Kabinen ein Schaufelrad, auf das aus einem Schlauch ein kleines Rinnsal lief. Sobald der Wasserbehälter voll war, kippte es in die Rinne – Spülung!!! Die Geruchsentwicklung ist beträchtlich, aber im Zweifelsfall würde ich selbst diese Aborte manchem deutschen Autobahn vorziehen. Papier gibt es übrigens nicht. Das hat jeder in der Tasche und immer bei sich, in Form von kleinen Päckchen Papiertaschentüchern.

Doch so befremdlich es bisweilen um die Ausscheidungen bestellt ist, so blitzeblank und hygienisch geht es bei der Nahrungsaufnahme zu. Nicht selten liegt in den Restaurants auf der Tischdecke eine Plastikfolie, die nach jedem Essen mitsamt der Servitten, Knochen und anderer Essensreste entfernt wird. Und es gibt immer viele Reste, denn das Getier wird unzerlegt gebraten und dann kleingehackt. (Das Metzgerhandwerk hätte hier goldenen Boden!) Das Geschirr steht in Folie eingeschweisst auf dem Tisch bereit, und in Strassenlokalen wird oft eine Plastikfolie über die Reisschalen oder Teller gelegt und man isst dann davon. 

Doch zurück in den Bus! Als es nach der Pause weiterging, hatten sich alle meine Mitreisenden mit Proviant eingedeckt, und auch ich war ziemlich hungrig, denn bis dahin musste ich von der Mandarine zehren, die meine nette Nachbarin mir angeboten hatte. Ich packte glücklich mein Eis aus und sah mich um. Einer knabberte einen heißen Maiskolben, ein anderer ein aufgespießtes Würstchen und meine nette Nachbarin riss eine Plastikverpackung auf und schob sich genussvoll einen Hühnerfuss in den Mund. 

Apropos Füße: Ich kann China nicht verlassen, ohne über die Kissing Fish zu schreiben. Aber vielleicht reicht auch ein Foto:

 

Kissing Fish Spa in Guilin 

In der Fußgängerzone in Guilin gibt es jede Menge dieser Salons, und alle, die darin sitzen, Grinsen selig und behaupten, es kitzele nur ein bisschen und anschließend habe man ganz saubere, weiche Füße.

 

Füße bei die Fische

Statt der Füße wollte ich mein Haar verschönern lassen und habe einen chinesischen Friseursalon aufgesucht: waschen und schneiden bitte. Ich wurde in einen plüschig tapezierten Raum mit fünf komfortablen Liegen geführt, der eher an einen Massagesalon erinnerte, und wollte schon Protest einlegen, da sah ich, dass sich am Kopfende der Liegen jeweils ein Waschbecken befand. Die Haare werden im liegen gewaschen, langsam, und gründlich. Auch die Ohren werden gereinigt.

Zurück auf der Autobahn. Nach der Pause waren alle wieder bei Kräften, auch unser schmächtiger, kaum zwanzigjähriger Fahrer und dann hielt der Bus plötzlich mitten in einer Satellitenstadt einige Kilometer vor Nanning an und eh ich mich versah, fand ich mich im Nieselregen an einer chinesischen Schnellstraße wieder, in der Hand einen Zettel mit dem Namen des Hotels, lauter chinesische Zeichen. Und nun? Ich fasste mir ein Herz, sprach ein paar Passanten an – und wurde von einem jungen Chinesen mit seinem Elektroroller direkt zu meinem Hotel kutschiert. Die jungen Chinesen sind häufig sehr hilfsbereit und aufgeschlossen. Wer studieren will, muss Englischkenntnisse nachweisen und diese Sprachkenntnisse bauen die Berührungsängste wohl ein Stück weit ab.

Inzwischen hat der Kurier mir tatsächlich meinen Pass gebracht, ich habe ein Zimmer bezogen, sogar noch was Feines gegessen. Da es morgen früh losgeht, habe ich noch einen kleinen Gang gemacht, um zu schaun, wo eigentlich der Busbahnhof ist. Dabei kam ich an einem Schild vorbei, das mich irritiert hat:

 

Ich glaube nicht, dass es sich um eine Tierklinik handelt, in der kranke Hunde, Hühner und Ziegen behandelt werden, zumal das Schild vor einem Restaurant stand. 

Ein letzter Blick auf meine Lieblingslandschaft:

am Li bei Yangshuo

 

Nach 6 Wochen China sage ich: Bye-Bye!



Zwei Löwen spielen Ball

12 10 2013

Zwei Löwen spielen Ball, ein Frosch überquert den Fluss, die Schildkröte klettert den Berg hinauf oder ganz einfach „Pfirsichberg“  – das sind Namen der zahllosen Kalkberge, die hier in der Gegend herumstehen. Manche sehen aus wie riesige Heuschober, andere wie Pyramiden oder Tannenzapfen oder eben – wie zwei Löwen, die Ball spielen. Die Chinesen sind außerordentlich kreativ im Erfinden von blumigen Namen.

Wir sind endlich auf dem Land, in Südchina, in der Provinz Guangxii, die eine Banknote ziert und wohl mehr gemalt und fotografiert wird als jede andere Gegend Chinas. „Das ist die schönste Landschaft der Welt“ lernt hier angeblich jedes Kind in der Schule – und ich kann mich dem nur anschließen. 

Überhaupt Südchina: falls ich jemals über China gelästert haben sollte, möchte ich das sofort zurücknehmen. Es ist mollig warm, der Himmel ist Blau, die Menschen sind außerordentlich hilfsbereit und freundlich. Heute haben wir eine lange Radtour gemacht, durch Dörfer, Reisfelder, Mandarinenplantagen, am Fluss entlang. 

 

 

Und überall ragten die enormen Karstkegel in die Höhe. Außerirdisch. Selbst die Bauern auf dem Feld haben uns ein fröhliches „hello!“ oder „ni hao“ entgegengerufen. Und wenn wir uns verfahren haben oder eigentlich schon kurz davor, wurden wir wieder auf den richtigen Weg gebracht.

Ob das am Süden liegt oder daran, dass man hier an Touristen gewöhnt ist und auch vom Tourismus lebt? 

Schon als wir in Guilin aus dem Flughafenbus stiegen (waren von chengdu nach guilin geflogen), haben wir grosse Augen gemacht. Palmen, zwanzig Meter hoher Bambus, viele tragen die typischen Hüte Südostasiens, Frauen gehen mit Sonnenschirm umher. Am Straßenrand werden Lychees, frische Kokosnüsse, Khakis und Bergeweise köstliche Mandarinen feilgeboten. 

 

 Kokosnussverkäufer                                                          Chili fürs Abendessen

 

 

Am Ufer des Li, der durch Guilin fließt, wuchert riesiger Bambus und die Bäume sind dermassen bedeckt von Farnen, dass sie aussehen wie üppig behaart.  

Abends wird die ganze Pracht dann noch illuminiert und sowohl der mindestens zwanzig Meter hohe Bambus, der den Fluss säumt, als auch die behaarten Bäume leuchten hellgrün. Über den Fluss spannt sich eine Brücke, die ihrerseits in einem kräftigen Kobaltblau erstrahlt. Auf dem Weg zur Brücke schreitet man unter blinkenden Bögen mit Kugeln und Glocken durch, die alle naselang die Farbe wechseln. Hier ist ständig Weihnachtszeit.

Und auf der Promenade, unter den behaarten, neongrün illuminierten bäumen, ist abends richtig was los. Hier eine Tanzgruppe, die Flamenco übt, dort Rock’n Roll, daneben eine Art Karaoke, dann sausen ein paar Teenies mit Inlinern vorbei und weiter hinten dann eine richtig gute, blutjunge Rockband.

Diesen Fluss, den Li, sind wir dann entlanggeschippert nach Yangshuo, einem Städtchen im Süden von Guilin, bamboorafting nennt sich das. Vier Sitzplätzen auf einem Floß, hinten ein kleiner Motor und ein Flößer, der uns mit Motor und Bambusstaken durch die atemberaubende Landschaft gefahren hat.

Bamboorafting auf dem Li

 

 Chinesisches Paar auf dem Li

  

In Guilin hatten wir noch unsere Visa verlängert, eine etwas nervige Angelegenheit, sich auf einem Amt zu befinden (Public Security), wo man etwas wichtiges braucht, aber nichts versteht. Kaum etwas ist auf englisch angeschrieben, die richtigen Formulare finden und dann den richtigen Schalter, aber vorher herauskriegen, wo es die Wartenummern gibt, wo man die nötigen Fotokopien machen kann (in der reiseagentur gegenüber)… kafkaesk und das auf chinesisch, habe an meine Kursteilnehmer gedacht, die ja ständig zu Ämtern müssen, wo sie nichts verstehen. 

In den Städten haben wir öfter Gruppen Uniformierter gesehen, die im Stechschritt durch die Strasse marschierten. Auch auf dem Li zeigte die Polizei Präsenz und fräste mit einem Schnellboot zwischen den Ausflüglern durch. Wir waren mit einer Gruppe von ca. 6 Booten gestartet und die wurden plötzlich allesamt ans Ufer gewunken. Zuerst dachten wir noch, wir sollten den Fluss freigeben für die größeren Schiffe, die da auch verkehren und uns mit ihrer Bugwelle sofort ins Wasser gekippt hätten. Aber darum ging es nicht. Sofort waren etwa zehn Polizisten zur Stelle und einer der Flößer, offenbar der Chef, musste Papiere vorweisen. Es wurde debattiert, mit Geld gewinkt, geschimpft, telefoniert, gebeten, lamentiert. Offenbar ging es um die Transportlizenzen, und uns war schon aufgefallen, dass die Flößer mit verschiedenen Schildern hantiert hatten und die auch austauschten. 

Dann durften wir endlich weiterfahren, langsam, gemächlich den blaugrünen Fluss entlang, durch eine Landschaft wie aus einem Traum.

So könnte es immer weitergehen.



neulich im Tempel

8 10 2013

Ein stickiger Tag in Chengdu, Sonntag, golden week, das Taxi steckt im Stau fest, diese vielen Autos, diese vielen Menschen, Smog, Krach, Chinakoller… Und dann treten wir durchs Tor, der Geruch von Räucherstäbchen liegt in der Luft, in dunkelblau gekleidete Mönche mit langen Haaren, die sie zum Knoten zusammenstecken, gleiten mit geschmeidigen Bewegungen durch die grosszügige Anlage, vor uns eine achteckige Pagode mit grünen Dachziegeln, goldenen geschnitzten Säulen und im Inneren Laotse, wie er auf einem Maultier gen Westen reitet. 

 

Es ist ein taoistischer Tempel, in dem Laotse gehuldigt wird, aber auch einigen Göttern befreundeter Religionen. Ich kannte Laotse wie auch Konfuzius bisher nur als Philosophen, aber in China ist die Grenze zwischen Weisen und Göttern wohl durchlässiger als im Westen. 

Man schreitet durch ein Tor nach dem anderen, steht immer wieder vor einem neuen Tempel, in dem einer anderen Gottheit gehuldigt wird, davor stehen oft Behältnisses für die Räucherstäbchen, gross wie Badewannen. In einem Tempel kann man das Orakel befragen. Man kniet sich auf eines der mit Seerosen bestickten Kissen vor dem Altar, huldigt und nimmt dann einen hölzernen Köcher, in dem eine Menge Stäbchen stecken. Den schüttelt man, bis eines der Stäbchen herausfällt. Man bezahlt etwas Geld, bekommt einen Text ausgehändigt und wendet sich damit an einen jungen Mönch, der den Text erklärt. Es ist wie im I-Ging, dem Buch der Wandlungen, in dem es ja auch 64 Zeichen gibt, aus denen man dann eines zieht.

 Die junge Frau schüttelt den Köcher

Wir gehen weiter und entdecken ein Teehaus, besorgen uns einen grünen Tee (Tasse, Untertasse, Deckel, Teeblätter), setzten uns auf einen der Korbstühle und harren der Dinge, die da kommen, denn wir haben zwar Tee, aber kein heißes Wasser. Das bekommen wir nach einer Weile von einem Mann, der von Tisch zu Tisch geht und aus einem silbernen Wasserkessel heißes Wasser nachschüttete. Als der Tee ein bisschen gezogen hat, zeigt die ältere Dame neben uns, wie man ihn trinkt: man benutzt den Deckel als Schale und schöpft damit aus der großen Tasse ein Schlückchen köstlichen Tee und genießt ihn! Obwohl sie kein Englich spricht und ich fast kein Chinesisch, verstehen wir uns gut. Sie war früher auch Lehrerin und bietet uns köstliche Bonbons namens Alpenliebe an. 

Im Teehaus

 

Als wir zum Ausgang des Tempels schlendern, hören wir Trommeln, Schellen, Gesänge, folgen den fremden, aber schönen Klängen und werden Zeugen einer Zeremonie, in der geräuchert, gehuldigt und gebetet wird. 

 

 Zeremonie im taoistischen Tempel

Am Abend unterhalte ich mich im hostel mit einem jungen Chinesen. Er studiert Tierhaltung. Konfuzius, sagt er, der sei nur was für alte Leute. Ob er an einen Gott glaubt, frage ich. Er grinst und spielt noch ein Lied, ganz leise, singt dazu, Text und Akkorde hat er auf dem Laptop. Er spielt Ukulele und es klingt wie Hawaii. Music is god, sagt er.



Pandas, Buddhas Ohr und der Heiratsmarkt

5 10 2013

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Märchenland auf 3000 Metern

2 10 2013

Der Gott Dage verliebte sich in die wunderschöne Göttin Wonuosemo. Er schenkte ihr einen Spiegel , den er aus Wolken und Wind geschaffen hatte. Das weckte die Eifersucht des Teufels, der ebenfalls in sie vernarrt war. Er sorgte dafür, dass der Spiegel zu Bruch ging. Die Scherben fielen auf die Erde und verwandelten sich in 114 funkelnde und kristallklare Seen. So entstand das märchenhafte Jiuzhaigou, ein Nationalpark in Sezuan, im Westen Chinas, auf 2-3000 Metern Höhe.

Als wir spät abends auf dem Provinzflughafen landeten, im Kopf die Beschreibung des Hostels, das als „Worst hostel of China“  bewertet wurde, war es kalt, wir wurden zwar abgeholt, aber der Fahrer sprach kein Wort englisch und fuhr Serpentine um Serpentine tiefer in die Nacht. Eine halbe Stunde, eine Stunde, anderthalb Stunden. Zwischendurch telefonierte er, rotzte aus dem Fenster. Dann kamen wir endlich an. Der Ort erinnerte an Nepal und an Gebirgsorte in den Alpen, wo sich im schmalen Tal die Hotels und Läden aneinanderdrängen. Unser Zimmer war akzeptabel, die Betten nicht so hart, wie wir es inzwischen gewohnt sind (die Matratzen sind oft nur 5 Zentimeter dick!), und was das beste war: unter den Laken schlummerte eine „Betthexe“, wie meine Oma  ihre elektrische Heizdecke nannte.  

Am nächsten Tag ging es dann in den Park, und auch hier folgte eine Überraschung auf die andere. Es kostete 300 Yuan Eintritt inclusive Busbenutzung, was etwa 38 Euro sind, nicht gerade ein Pappenstiel. Doch die Seen sind von ausserirdischer Schönheit und die Chinesen pilgern in Massen in den Park. Es sollen im Jahr 2 Millionen Touristen sein, aber das verlief sich dann doch auf den unglaublich gepflegten Wegen.. Man geht dort auf etwa einen Meter breiten Holzstegen, sobald das Gelände ansteigt oder abfällt, sind es Treppen, wo nötig mit Geländer, und das auf ca. 50 Kilometern Länge vorbei an 17 rauschenden Wasserfällen, 47 Quellen und den 114 Seen, die ihren blumigen Namen ( tigersee, Spiegelsee, glitzernder See, See des schlafenden Drachen) alle Ehre machen. Das Türkis erinnert an die Buchten Mallorcas, aber dazu kommt das saftige Grün der Wälder, das Weiss der schäumenden Bäche, die Spiegelungen hoch aufragenden Berge, dazu die würzige Gebirgsluft. Das Wasser enthält zwar viel Kalk, aber kaum Nährstoffe und so werden hineingestürzte Bäume konserviert, und irgendwann bilden sich kleine Inseln, die aussehen wie ikebana.

 

 

Jiuzhaigou heißt eigentlich Tal der neun Dörfer, und es sind tibetische Dörfer. An den Tempeln flattern bunte Fahnen, es wird Yakfleisch und tibetischer Schmuck angeboten, aber die Menschen wirken wie eine verarmte Folkloregruppe in ihrer eigenen Heimat.

 

 

 Tibetische Mönche im Jiuzhaigou Nationalpark 

 Am 1. Oktober war hier der Nationalfeiertag: man beging den 64. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China. Vom 1. bis 7. Oktober sind allgemeine Ferien, Ämter sind geschlossen, viele Menschen haben frei. Aber wir hatten uns in den Kopf gesetzt, ausgerechnet am Nationalfeiertag zu reisen, von Jiuzhaigou nach chengdu zu fliegen. Ein Ticket hatten wir schon, aber wie zum Flugplatz kommen, der 80 Kilometer entfernt liegt? Doch früh um halb neun klopfte es an unserer Tür und ein junger Chinese fragte, ob wir ein Taxi teilen wollten, er müsse auch zum Flughafen. Es war dann eine entspannte Fahrt, vorbei an einem Tempel mit goldener Stupa, flankiert von Viertausendern, kaum noch Bäume, schroffe Felsen und dann ein Stopp bei einem Rastplatz, wo man Spieße, Fladen oder Buttertee zu sich nehmen konnte. Oder Fotos mit einem Yak machte.

 



spielen, lachen, Sonne auf dem Bauch

1 10 2013

 

Eine ältere Frau in petrolfarbener Jacke und weiter Hose dreht sich langsam und versonnen auf einer rotierenden Scheibe, aus einem Ghettoblaster säuselt chinesische Musik, über Tischtennisplatten fliegen die Bälle in weiten Bögen, ein Spätsommertag Ende September. Ein Spielplatz unter Bäumen, doch hier turnen nicht Kinder, sondern Erwachsene. Und die Geräte sind auch nicht für Kinder gedacht. Ich sehe eine Weile zu, dann tue ich den anderen gleich, massiere mir Rücken und Bauch an genoppten Walzen, trainiere mal diesen, mal jenen Muskel. Eine Frau mit breitem Gesicht lächelt mich an und ihr Gesicht wird noch breiter. 

In Brusthöhe tellergrosse gelbe Scheiben mit dem Yin-Yang-Zeichen, man legt die Hände darauf und dreht in entgegengesetzte Richtungen. 

Zwei Frauen liegen auf geschwungenen Metallgestellen, lassen die Köpfe nach unten baumeln. Zwischen ihnen ist eine Liege frei, ich geselle mich zu ihnen, sie zeigen mir, wie sie den Nacken trainieren, ich mache es ihnen nach, wir haben alle drei verschwitzte Gesichter, sehen durch gefiedertes Blattwerk in den strahlend blauen Himmel. 

An Bäumen sind Stahlseile mit Griffen befestigt, man nimmt die Griffe, zieht mal mit dem einen, mal mit dem anderen Arm. Ich stelle mich ungeschickt an, mein Nachbar, ein sehniger, gutaussehender Mann in schwarz zeigt es mir, seine Begleiterin fragt: „Does she speak Chinese?“ Und wirkt enttäuscht, als ich verneinen muss. Sprachkenntnisse sind hier die Eintrittskarte. Viele Menschen sind  interessiert und freundlich, erzählen auch, dass alle in der Schule englisch lernen, aber, wie uns heute eine junge Frau berichtete, fehlt ihnen die Praxis. Sie lernen englisch nur für die Prüfung, es bleibt eine fremde Sprache, eine fremde Kultur.

Am nächsten Tag in einem anderen Park: 

Gesangsdarbietungen unter freiem Himmel, ein schrebbeliger Verstärker, Boxen, ein Mann am Keyboard und eine Frau mit glockenheller Stimme und Mikro, die chinesische Schlager singt. Spaziergänger bleiben stehen und hören zu. Zwischen den Bäumen leuchten bunte Farben, ein kleiner See mit Tretbooten, ein Vergnügungspark für Kinder. Wurfbuden, Karussells, Tische mit Pinseln und Farben, an denen Kinder vorgefertigte Gipsfiguren bemalen, Buden mit Zuckerwatte, Klettergeräte.

 



Nachmittags sind wir dann zum Flughafen, um eine Stunde gen Westen zu fliegen, in einen Nationalpark im Gebirge. Unterwegs gab es wieder einige Bäuche zu bestaunen. 


Chinesische Männer


Und auf dem Flughafen konnte man sich stundenweise Schlafboxen mieten, sehr erstaunlich. 



Schlafbox am Flughafen von Xi’an.


Ebenso erstaunlich, aber völlig überzeugend sind die Wasserstellen, die es auf Bahnhöfen und an Flughäfen gibt. Hier holt man sich heißes Wasser für Tee, den die Chinesen offenbar immer bei sich haben oder für die beliebten Nudelsuppen aus großen Pappbechern. Die schmecken übrigens gut! Man bekomm sie fast überall, in Läden, Zügen, einfachen Lokalen, mit einer zusammenklappbaren Gabel, die ebenso wie Nudeln und Papier eine chinesische Erfindung sein muss.

Wasserstelle am Flughafen von jiuzhaigou



mitten in China

27 09 2013

Die Frau lächelt mich fragend an, ihr Mann lächelt auch, beide reden auf Chinesisch auf mich ein, ich lächel zurück und ehe ich mich versehe, haben sie mir ihren kleinen Sohn auf den Schoß gesetzt, er mag zwei Jahre alt sein und hat kleine braune Hoden, die ich nicht übersehen kann, denn seine Hose hat einen grossen Schlitz, der den Blick auf Popo und Genital freigibt, wie bei allen kleinen Kindern in China. Sie machen ein Foto.

Wir werden oft fotografiert, noch häufiger angestarrt. Doch manche Menschen sind auch ganz reizend wie der alte Herr, der uns in qufu ansprach: i m curious, may i ask you where you come From. Oh, Germany, welcome to China.

Auch das essen finde ich gewöhnungsbedürftig. Gestern wollten wir hier in xian, im moslemviertel wie alle anderen eine Suppe mit köstlichen frischen Nudeln verputzen. Wir bekamen jede gleich zwei Schüsseln voll, eine mit Nudeln, Rindfleisch, Koriander, die andere einer grauen brühe mit fettaugen, glasnudeln und undefinierbarem fleisch von fremder konsistenz und starkem geruch. Innereien vom Hammel? Gehirn?

Abends dann beim Chinesen um die Ecke. Da hat es gut geschmeckt. Leckerer Reis, schmackhafte Bohnen, köstlicher Blumenkohl, spare Ribs für lotte. Auf der Karte jedoch so merkwürdige Dinge wie „Urine smelling Noodles“.

Von qufu, der Stadt des Konfuzius, sind wir mit dem Zug nach luoyang gefahren. Auf den bahnhöfen geht es zu wie auf flughäfen. Das gepäck wird durchleuchtet, sicherheitscheck, fahrkarten- und passkontrolle und dann ab in den wartebereich vor dem entsprechenden bahnsteig. sobald die einfahrt des zuges bevorsteht erneute fanrkartenkontrolle und dann wird am bahnsteig aufstellung genommen, gleich auf höhe des richtigen waggons. Von den drängeleien, vor denen manche mich gewarnt hatten, keine spur. 

Die Fahrt dauerte acht Stunden. Wir hatten sogar Platzkarten, zumindest für die ersten sechs Stunden, in denen wir dann ausgiebig die Sitten der uns umgebende Chinesen – vorwiegend Männer, vielleicht Wanderarbeiter –  studieren konnten. Einer zum Beispiel, ein kräftiger, etwas untersetzter Mittdreißiger, hat sich immer wieder das s-shirt hochgezogen, wie es die chinesischen Männer gerne machen, und seine runde braune plautze präsentiert. Eine Weile auch die dazugehörige Brust. 

 

 

Andere haben sich an ihren Vorräten gelabt, gerne enorme papppötte mit Instant-Nudelsuppen, die man irgendwo im Zug mit heißem Wasser auffüllen konnte. An Proviant herrschte kein Mangel; alle zehn Minuten schob jemand ein wägelchen  durch und  bot Obst, Getränke oder gleich ganze Mahlzeiten an. Daneben gab es aber auch fliegende Händler mit Zeitschriften, hühnerbeinen, Schmuck, Lotterielosen, die ihre Ware unter dem nächsten Sitz verschwinden ließen, sobald der Schaffner auftauchte. Die Männer jedenfalls verpflegten sich, machten ein Nickerchen, was Chinesen offenbar immer und überall können. Kurz den Kopf auf den Tisch und schon eingenickt. Nach dem aufwachen einmal kräftig auf den Boden oder gegen die heizung gerotzt und weiter geht’s. 

In luoyang haben wir die Longmen- Grotten angesehen, etwa die ältesten buddhistischen Kunstwerke Chinas. ( Die Seidenstraße begann in luoyang. Und über die Seidenstraße kamen die Religionen nach China) Am Flussufer sind auf einer Strecke von etwa einem Kilometer Tausende von Buddhas in die Felsen gemeißelt worden, zum Teil daumengross, zum Teil riesige, repekteinflössende Statuen, denen man kaum bis zur Wade reicht.  Besonders schön ist der Blick vom gegenüberliegenden Ufer.

 

Die Longmen- Grotten bei luoyang

 

In einem geradezu futuristisch anmutenden prachtbau von bahnhof, der weit vor den Toren der Stadt lag, sind wir dann in den Schnellzug nach xi’an gestiegen, einer weiteren Millionenstadt, die ziemlich genau mitten in China liegt. Sie wurde bekannt wegen der terrakottakrieger, die hier in der Nähe in einer unterirdischen Höhle gefunden wurden.  

 

 

Im moslemviertel von xi’an

 

Eine quirlige, kosmopolitische Stadt mit einem moslemviertel, der ältesten Moschee Chinas, Museen, einer alten Stadtmauer und den offenbar unvermeidlichen, extrem hässlichen Hochhäusern, die am Rande der chinesischen Großstädte aufragen wie waffensammlungen oder Reißzähne. 

 

 

Auf der alten Stadtmauer von xi’an.

Doch als ich heute in der Dämmerung mit dem Rad über die Stadtmauer gefahren bin, haben sie im Abendrot geleuchtet. Und die ingwerchips, mein Proviant, waren exorbitant köstlich: hauchdünn, kandiert, von feiner schärfer, umhüllt von Puderzucker! Noch ein Nachtrag zum Thema essen: heute gabs möhrensalat In einer sesamölsauce mit gerösteten roten Chilis und Koriander sowie köstliche geschmorte Auberginen.. Dazu karamellisierte Kartoffelstücke,süß wie gebrannte Mandeln…



hühnerfüsse in der Stadt des Konfuzius

22 09 2013

Fahrkarten nach luoyang?

Zero.

Morgen?

Vielleicht, aber nur noch Stehplätze.

Wie lange geht die Fahrt? 

Acht Stunden.

Es gibt keine Fahrkarten, wir hängen erstmal fest. In einer lauten, stickigen Stadt, hungrig. Also essen gehen. Wir bestellen Hühnchen mit Pilzen und bekommen eine große Schale voller hühnchenteile in einer duftenden dunklen Soße, in der ein paar frische grüne paprikastreifen leuchten. Ich will mir etwas in mein Schälchen füllen, schaue genauer hin und schrecke zurück. Hühnerfüsse. Hühnerfüsse mit Zehen, Krallen, Hornschuppen. Mir fällt ein, dass auf der Karte auch schon Oxfrog zu lesen war, ochsenfrosch. Da hilft kein grüner Tee und auch kein kühles Bier, das Krieg nicht runter. Vielleicht schmecken hühnerfüsse lecker und sind womöglich sehr gesund. Ich habe auch immer erklärt: was die essen, kann ich auch essen, aber jetzt schnürt es mir doch den Magen zusammen. Den Rest des abends denke ich über die Vorteile vegetarischer Ernährung nach.

Qufu ist die Stadt des Konfuzius. Als er 600 vor Christus das licht der Welt erblickte, war er so hässlich, dass seine Mutter ihn verstieß. Ein Tiger und ein Adler haben sich seiner angenommen, bis die Mutter realisierte, was für ein besonderer Mensch er war. Er hält menschlichkeit, Gehorsam, Arbeit und Disziplin hoch und manche sagen: Was der Protestantismus für die wirtschaften des Westens bedeutet, Ist der konfuzianismus für China. 

 

 

 

 

 

 Junge Chinesen im Tempel des Konfuzius

 

Konfuzius wird verehrt wie ein Heiliger.. Das Anwesen der Familie Kong, seiner Nachfahren, ist nach der verbotenen Stadt das zweitgrößte Anwesen Chinas. Gleich daneben der Tempel des Konfuzius, in dem seine wirkungsstätten und eine Menge souvenirshops zu bewundern sind.

Heute dann im Wald des Konfuzius, einem einige Hektar großen Waldfriedhof, in dem die Familie Kong ihre verstorbenen zu bestatten pflegt. Alte Zypressen, die ihre Stämme zu den seltsamsten formen verdreht haben, mit Gras bewachsene Grabhügel, steinstatuen: Löwen , Widder, Pferde, Konfuzius, Steintöpfe und immer wieder mit chinesischen Zeichen beschriebene Stelen. Verwittert, von efeu umrankt, geheimnisvoll.

 

 

 

 

Unser hostel ist eine amerikanische Oase mit lauschigem Innenhof, einer chinesische Waschmaschine und Banane-pancakes Zum frühstück. Und Musik! Die jungen Chinesen, die hier arbeiten, sind superfreundlich und helfen uns bei allem. 

Am Ende haben wir doch noch Fahrkarten nach luoyang bekommen, zwar einen tag später, mit etwas Risiko und evtl. Umsteigen, aber immerhin!

 

Qufu bei Nacht



nachts in qufu

21 09 2013

Sie tanzen Rock’n’Roll: ein schmaler, geschmeidiger Mann in heller Hose und eine Frau im cocktailkleid und etwa fünfzehn  weitere Paare, jeder Schritt und jede Drehung stimmen. Vermutlich ist es ein tanzclub. Sie tanzen im freien, am Rand eines großen Platzes mitten in der Stadt. Autos und Mopeds fahren vorbei, die meisten mit leise schnurrendem Elektromotor. Auch Fahrräder, mal eine Rikscha, kleine Busse, offene Gefährte, Kutschen. Ein Mann führt ein Pferd nach Hause. 

Wir sitzen auf niedrigen hockern an ebenso niedrigen tischen,, trinken warmes bier aus 0,7 literflaschen und schauen den tanzenden zu. Es ist eine warme nacht, jetzt um neun sind es sicher noch  25 grad. Über der Stadt lag den ganzen tag ein  trüber Dunst, man mochte kaum spazierengehen. Jetzt ist es angenehmer und die Menschen atmen auf. 

Der Geruch von Rauch und Holzkohle liegt in der Luft, neben uns werden an einem Stand Spieße gegrillt, vermutlich Hammel. Männer sitzen in Gruppen am Straßenrand und spielen Karten oder chinesische brettspiele, manche haben sich ob der Hitze das t- Shirt hochgezogen und präsentieren ungeniert ihre Bäuche. An Bäumen und Straßenlaternen prangen bunte Lichter, wie große rote Embleme mit grünen, gelben, blauen Verzierungen. So bunt und üppig wie in einer deutschen Kleinstadt zur Weihnachtszeit. 

Ein neues Lied beginnt, die Tänzer wiegen und drehen sich wieder. Sie tanzen langsamen rock’n Roll zu chinesischen Schlagern.  



auf dem weg zum heiligen Berg

18 09 2013

Im hotel fragten wir nach mineralwasser, bekamen stattdessen zwei enorme Kannen, eine mit heißem Wasser, die andere eine thermoskanne, dazu eine winzige Packung mit grünem Tee, und so konnten wir am nächsten tag einen early Morning Tea im Bett genießen. Als wir dann aufbrachen, stand das gesamte Personal Spalier, winkte, grüßte und kicherte, wir ebenso. 

Das Hotel lag am tristen Ortsrand an einer viel befahrenen Straße, aber kaum waren wir zehn Minuten gelaufen, kamen wir in eine grüne, belebte, muntere Stadt.

Und logieren jetzt in einer Jugendherberge, die ein Traum ist. Ein großes helles Zweibettzimmer, eigenes Bad, man spricht ein bisschen englisch, es gibt w- LAN und der bedeutende daoistische Tempel, der uns hierher gelockt hat, ist gleich um die Ecke und die zypressen, die dort zu bewundern sind, sollen 2000 jahre alt sein. 

 

Ein Glücksbrunnen  im Tempel

 

Auf dem Weg dorthin kamen wir durch eine chinesische Fußgängerzone, Geschäftszeilen und davor Bauern, die von Karren ihre Produkte verkaufen oder kleine Pfannkuchen braten.

Apropos Pfannkuchen: am Abend waren wir in einem chinesischen all-you-can-eat. Man zahlte am Eingang 42 Yuan, etwa 5 Euro und konnte dann soviel essen und trinken, wie man wollte. In die Tische waren Holzkohlengrills eingelassen und wir haben uns Fleisch, chinesische Pilze, Gemüse gebrutzelt. Zwischendurch ging jemand mit einem riesigen Bottich Garnelen rum und verteilte großzügig. Der Laden war brechend voll, gute Stimmung, übermütige junge Menschen.

 

Heute – 19.9. haben wir den Mount taishan  bestiegen, einen der heiligen Berge Chinas. Der Chinese stellt sich das Reich der Mitte als ein Quadrat vor und der Taishan markiert die östliche Ecke. Zudem sieht er die Erde als einen lebenden Organismus. Die Heiligen Berge sind Punkte besonderer Energie, die wie akupunkturnadeln das Ganze harmonisieren.

Früh um halb acht ging’s los, und zumal heute Mondfest war, an dem die Chinesen sich besondere Mondkuchen schenken und frei haben, war ziemlich was los. Der weg ist schon von vielen Kaisern samt Gefolge gegangen worden und besteht größtenteils aus breiten, gepflasterten wegen durch duftende Nadelwälder. Je weiter man nach oben gelangt, desto steiler werden die Wege, bis sie dann nur noch aus Treppenstufen bestehen. 

 

 

Wo kamen vorbei an daoistischen Tempeln und Felsen, die mit chinesischen Versen und Weisheiten beschrieben waren.

 Der ganze Berg gilt als Kunstwerk und Heiligtum gleichermaßen.

 

 Nach etwa der Hälfte der Strecke – nach 4 Stunden –  sind wir mit der Seilbahn weitergefahren.

In taishan haben wir keine einzige langnase gesehen, erst heute auf dem Berg wieder zwei oder drei. Die Chinesen Staunen uns mit großen Augen an, ebenso wie wir sie. Ob wir wollten oder nicht, wir mussten mehrmals für Fotos posieren, bei denen uns wildfremde Menschen den Arm umlegten oder ihr verschrecktes Kleinkind auf den Schoß setzten.