Back home… Heimweh und Fernweh

12 04 2014

  „Wir haben heuer eine Weltreise gemacht. Aber ich sag’s Ihnen gleich, wie es ist: Da fahren wir nimmer hin.“  Gerhard Polt

 

In Hamburg gibt es keine Kakerlaken und man kann überall Käse und Schokolade kaufen – sensationell!!! Doch bevor ich ganz in Hamburg ankomme – meine Seele ist noch in Asien – noch ein kleiner Nachtrag zu Kambodscha und Thailand.

Von Angkor Wat aus haben wir einen Bus in den Süden genommen, wir wollten ans Meer! 

Um halb sieben sollen wir bei unserem Hotel abgeholt werden. Als um sieben immer noch kein Tuc Tuc und kein Taxi in Sicht ist, schultern wir unsere Rucksäcke und machen uns zu Fuß auf den Weg. Angeblich liegt die Busstation ganz in der Nähe. Der erste, den wir nach dem Weg fragen, schickt uns links die Straße hoch, der zweite rechts die Straße hoch, der dritte ganz woanders hin und so ist es schon bald kurz vor der geplanten Abfahrtszeit. Nur mit viel Glück erwischen wir den Bus noch. Dann ist für den Rest des Tages auch Schluss mit Glück. Nach zwei Stunden Fahrt bleibt der Bus mit einem Motorschaden liegen. Eine Stunde warten am Straßenrand – dann kommt der Ersatzbus.

 Als wir dann Phnom Penh erreichen, ist der Anschlussbus schon weg. Wie haben zwar einen durchgehenden Bus gebucht, aber das nimmt man nicht so genau. „Zehn Minuten, dann kommt ein Taxi und fährt Sie nach Kampot“, wurde uns beschieden. Außer uns beiden haben noch zwei weitere Touris das gleiche Ziel. Nach einer Stunde kommt dann ein Taxi. Doch es sitzen schon zwei Fahrgäste drin. Wir zählen nach. Sieben Personen inclusive. Fahrer sollen sich reinquetschen. Zunächst haben wir uns geweigert, verhandelt, uns geärgert, aber vergebens. Schließlich fügen wir uns in die missliche Lage, schachteln uns zu viert auf die Rückbank und los gehts mit einem ziemliche Affenzahn weiter Gen Süden. Inzwischen dämmert es, und als wir dann endlich unser Ziel erreichen,  ist es fast 20 Uhr und unser reserviertes Zimmer längst vergeben. Doch was wir dann finden, ist viel schöner, liegt in der Nähe von Kampot am Fluss, hat einen Swimmingpool, superleckeres Essen und wunderbare Gäste.

 

 

Blick aus unserem Zimmer auf den Fluss und die Elefantenberge

Unser Zimmer liegt direkt am Fluss, im früheren Bootshaus. Am Morgen krabbelt ein Tier oben auf Leos Moskitonetz herum. Ein Frosch! 

 Kampot ist ein gemütliches Städtchen im Süden von Kambodscha.  Nachdem wir uns ein paar Tage am Pool unseres wunderbaren Hotels ausgeholt haben und von dem holländischen Inhaber, der seit 30 Jahre in Kabbodscha lebt, einiges über Kambodscha erfahren haben, etwa über die unglaublichen Ausmaße der Korruption, machen wir mit einem Tuc-Tuc einen Ausflug in die Umgebung. 

 

wo der Pfeffer wächst

In der Gegend um Kampot wächst der beste Pfeffer der Welt, so Fachleute. Es ist eine Ranke, die ein Gestell hochklettert und erst nach Jahren abgeerntet werden kann. Der frische grüne Pfeffer schmeckt köstlich: fruchtig, würzig, pikant, aber nicht zu scharf. Man isst ihn frisch oder eingelegt; wenn man ihn trocknet, wird er schwarz und wandert in Pfeffermühlen.

 

 

 Arbeit auf den Salzfeldern

 Auf den Salzfeldern wird Salz aus Meerwasser gewonnen. Mit großen Rechen glätten die Arbeiter die Felder, bevor neues Meerwasser draufgepumpt wird. Eine Knochenarbeit in glühender Hitze, für zwei Dollar am Tag.

 

 

 

Arbeit auf den Salzfeldern 

Langsam geht die Reise dem Ende entgegen und wir wollen noch ein paar Tage Strand genießen. Zuerst in Sihanoukville, einem kambodschanischen Badeort. Unser Bungalow liegt direkt am Strand. Morgens tapsen wir barfuß zur Dusche, dann ins Restaurant, überall auf weichem weißen Sand. Wenn es in der Sonne zu warm wird, kann man im Schatten in einer Hängematte schaukeln, Mangoshake genießen oder eine junge Kokosnuss schlürfen. Nachschub wird per Boot geliefert: Eine Frau zieht ein Boot durch die flache Brandung  an den Restaurants vorbei und lädt bei jedem Lokal zehn, zwanzig Kokosnüsse ab.

 

Von Kambodscha aus fahren wir mit dem Bus die Küste hoch nach Thailand und nehmen die Fähre nach Ko Chang, einer großen Insel, deren Inneres von Dschungel bedeckt ist. Affen turnen auf den Stromleitungen herum. 

 

 

 

Doch hier tummeln sich nicht nur die Affen, sondern auch jede Menge Touristen, und so fahren wir bald weiter auf eine abgelegenere Insel namens Ko Wai. Schon auf der Fähre wird uns klar, dass wir langsam die Zivilisation wieder verlassen. Der Fahrkartenverkäufer auf dem Slow Boat macht auf alle Fahrgäste einen ziemlichen  Eindruck, vor allem auf die weiblichen.

Der Fahrkartenverkäufer auf der Fähre

 

Koh Waih ist eine kleine Idylle und genau das, was wir uns gewünscht haben. 

 

 

 

Ankunft auf Koh Wai

Bevor wir Thailand wieder verlassen, verbringen wir noch ein paar Tage in Bangkok, besuchen den Königspalast und schlürfen einen Drink im 83. Stock, mit Blick auf die Stadt, über die langsam die Nacht hereinbricht.

 

 

 Bangkok bei Nacht

 In Bangkok können wir uns langsam wieder an die Errungenschaften der westlichen Zivilisation gewöhnen.  Schilder weisen auf die korrekte Benutzung der Toilette hin.

 

 

 

 

Nach genau sechs Monaten lande ich am 7. März wieder in Hamburg. Der Empfang ist großartig: vier Freundinnen stehen am Flughafen bereit, schwenken ein Transparent mit der Aufschrift „Betty comes west @ hamburg“, tragen Masken mit einem asiatischen Gesicht und raunen ooooom, und dann gibt’s ein Glas Sekt – köstlich!!!

 

Das Empfangskomitee am Flughafen

 

Schön gemütlich in meiner kuscheligen Wohnung herumlümmeln, bei Kerzenlicht ein gutes Buch lesen oder im Kreise meiner Freunde grobe Mengen Käsefondues verdrücken – so hatte ich mir das vorgestellt, und darüber ganz vergessen, dass ich meine Wohnung vermietet hatte und alle meine Sachen in Bananenkisten auf dem Dachboden lagerten. Zudem war das Telefon kaputt, der Computer im Eimer und auch der CD-Player verweigerte den Dienst. Als ob die Geräte beleidigt wären, weil ich sie solange vernachlässigt hatte…

Hamburg soll ja auch eine schöne Stadt sein, aber wenn an einem grauen Tag der Regen kahle Zweige gegen die Fenster drückt, ist davon nicht viel zu sehen. Die Reise hat meine Sicht auf die Welt verändert. Wir leben in einem solchen Wohlstand! Wie lächerlich sind unsere Problemchen, wenn man sie in einen größeren Zusammenhang stellt. Wenn ich im Spiegel einen ganzseitigen Artikel darüber lese, dass in den Büros der Bundestagsabgeordneten die Holzvertäfelung durch die Benutzung der Teeküche Schaden nimmt, kann ich nur noch den Kopf schütteln. Leider habe ich meine große Weltkarte noch nicht wieder gefunden, sonst würde ich gleich die nächste Reise planen…

Inzwischen, nach gut einem Monat, habe ich meine Wohnung wieder in Besitz genommen, die Technik funktioniert und ich bin langsam angekommen. Ich bin mit meinem Leben zufrieden. Doch in meinem Inneren trage ich einen Schatz, das Schimmern einer anderen Welt.

Ein letzter Blick zurück:  

 

In der shwedagonpagode in Yangon (Myanmar)



Angkor what?? Cambodia revisited

4 03 2014

Lavaströme ergießen sich über ein altes Gemäuer und erstarren. Ein Walfisch schlappt mit der Schwanzflosse einen Tempel um. Dinosaurier sind über den Hof gelatscht und haben mal eben den Kreuzgang des Klosters flachgelegt und Platz gemacht für allerlei tropisches Gestrüpp. Riesenkraken umschlingen mit ihren Tentakeln die Mauerreste. Bildschöne Tänzerinnen – oben ohne! – wiegen sich in den Hüften, Abendsonne fällt auf die drei Meter großen Gesichter, die über den Dschungel blicken, eine Gruppe Chinesen legt die Kameras gar nicht mehr aus der Hand und sagt unisono ooooooh und dann blickt auch noch Angelina Jolie um die Ecke.

 

 

 

 

 

 

Angkor im Zentrum von Kambodscha ist das Synonym für das größte religiöse Bauwerk der Welt, für das längste Flachrelief, das die Menschheit je geschaffen hat, für die größte Herausforderung, der sich Archäologen je stellen mussten. Vom 9. bis zum 15. Jahrhundert, über einen Zeitraum von fast 600 Jahren haben 36 Khmer-Könige hier Tempel, Klöster, eine Stadt für die Götter gebaut. Dabei wurde auch schon mal die Religion gewechselt: Was ursprünglich buddhistisch war, wurde von einem späteren Herrscher dem Hinduismus geweiht. Die Steinmetze schlugen die Buddhas aus den Reliefs und ersetzten sie durch hinduistische Gottheiten. Das Reich der Khmer erstreckte sich einst von Myanmar bis nach Vietnam, und noch heute präsentiert man am Königspalast von Phnom Penh voller Stolz die alten Karten.

 

Reliefs 

 

Nach der Blütezeit von Angkor, das über eine Million Einwohner zählte, versanken die Tempel im Dschungel und wurden zuerst 1860, dann 1992 vom Westen entdeckt. Die Einheimischen hingegen haben Angkor nie vergessen. Dort schlägt das Herz des Landes, und wer die monumentalen Gesichter vom Bayon einmal genauer betrachtet hat, der wird deren stolze Züge bei den heutige Kambodschanern wieder entdecken.

 

 

Das Areal umfasst 1000 Quadratkilometer,  und wir wollen uns die Pracht in Ruhe ansehen. So beißen wir in den sauren Apfel, legen je 60 Dollar auf den Tisch und bekommen einen 7 Tage-Pass mit digitalisiertem Foto. Doch selbst eine Woche reicht kaum aus für die wichtigsten Tempel. Am ersten Tag lassen wir uns per Tuc-Tuc zu Angkor Wat, dem Haupttempel, fahren, gehen ein paar Kilometer zu Fuß und müssen dann doch einsehen, dass die Distanzen dafür zu groß sind. Am nächsten Tag leihen wir uns Räder, sind aber am Abend so erschöpft vom Radfahren bei der tropischen Hitze, dass wir das lieber nicht wiederholen. Um auch die weiter entfernten Tempel zu sehen, schließen wir uns dann einer Tour an, bei der auch der immerhin 60 Kilometer entfernte Beng Mealea angesteuert wird. 

Eingang zu Angkor Wat, dem Hauptempel

Manche Tempel sind so weit wieder hergestellt, dass man durch die alten Gemäuer schreiten und sensationelle Reliefe und Skulpturen bewundern kann, andere hat der Dschungel fest im Griff. Riesige Würgefeigen wachsen aus den Ruinen, haben die Mauern umgeschmissen und Trümmerhaufen hinterlassen. Auch die „Entdecker“ haben ihre Spuren hinterlassen. Die Franzosen haben einige der Tempel freigelegt und die Urwaldriesen abgeholzt, was zur Folge hatte, dass das Gestein durch die extremen Witterungsverhältnisse der Tropen, durch sengende Sonne und ausdauernde Regenfälle, porös wurde. Die Inder haben späterhin mit Drahtbürsten die Flechten abgeschrubbt und die Tempel mit dem Wasser der umliegenden Bewässerungsseen gereinigt. So kamen jede Menge Bakterien, Pilze und Getier auf die aufgerauten Oberflächen und es dauerte nicht lange, bis alles schwarz war. Das ursprüngliche Weiß oder Hellbraun des Sandsteins kann man nur noch auf alten Fotografien erahnen.

Archäologen bei der Arbeit

Heute streiten die Archäologen darüber, ob man die Tempel in dem Zustand belassen soll, in dem man sie vorgefunden hat, also bewachsen, überwuchert, in einem Kampf mit der Natur, der eine ganz starke mystische Atmosphäre hervorbringt und eines der Grundmotive aller Kultur illustriert, die Auseinandersetzung zwischen der Zivilisation und der Natur. Oder soll man die Tempel selbst in den Mittelpunkt stellen, die Bäume abholzen und das kulturelle Erbe Kambodschas für die Nachwelt erhalten?

 

Skulpturen und Reliefe in der Zitadelle der Frauen, die aus rotem Sandstein erbaut wurde

 Dem Zauber von Angkor kann man sich als als Besucher kaum entziehen. Manchmal meint man, ganz allein zu sein in einem vor Jahrhunderten verlassenen Gemäuer, denkt an Buddha, Brahma, Vishnu, Shiva, sinniert über die Natur, die sich ihr Terrain zurückerobert. Betrachtet fasziniert die Wurzeln, die sich dick wie Elefantenbeine durch die Fenster schieben. Dann hört man plötzlich leise Gesänge, am Ende dunkler Gänge brennen Kerzen, werden Blumen geopfert. 

eine Nonne verkauft Räucherstäbchen 

  

Altar in den Ruinen (Foto: Leo)

 

 

 Auf der Brücke zu Ta Prohm

Vor den Tempeln lauert eine ganze Armada von Verkäufern auf die Besucher. Das Sortiment reicht von Kleidung über Bücher, Schmuck, Buddhas bis zu Souvenirs aller Art. Kinder streichen herum und betteln.  In einem abgelegenen Tempel hat sich eine Familie ein Feuerchen gemacht, um dort das Mittagessen zu grillen – Frösche. 

 

Frösche grillen im Tempel

Die Einheimischen leben in erschreckender Armut – obwohl die Touristenströme in Angkor eine Menge Geld lassen. Angkor ist d i e  kulturelle Attraktion Südostasiens und für das Jahr 2011 schätzt man die Zahl der Besucher auf ca. 3 Millionen. Doch das Geld kommt nicht bei der Bevölkerung an. Die Einkünfte aus den Ticketverkäufen gehen an einen Konzern, der einen Teil an die Regierung abführt. Hotels und Restaurant sind in den Händen auswärtiger, wenn nicht ausländischer Finanziers. Die Grundstückspreise in Siem Reap, der nächstliegenden Stadt, in der sich die Hotels und Restaurants drängen, sollen sich auf dem Niveau westlicher Großstädte bewegen. Nicht einmal das Personal der Hotels besteht aus locals, sondern wird aus den kambodschanischen Großstädten rekrutiert, aus Phnom Penh und Battambang, wo man Englisch lernen kann. 

 

Pub Street in Siem Reap (Foto: Leo)

So kommt es, dass eine Stadt mit den größten Schätzen der Menschheit stellenweise im Dreck versinkt und kaum Schulen für ihre Kinder hat. Apropos Schulen: wie in allen Bereichen der Gesellschaft ist Korruption auch hier ein Thema. Wer auf eine weiterführende Schule möchte, tut gut daran, dem Lehrer gelegentlich etwas zukommen zu lassen. Doch auch wer das macht, lebt gefährlich. Bei wichtigen Prüfungen versammeln sich Verwandte und Bekannte vor dem Schulgebäude. Sobald jemand die Prüfungsfragen herausgeschmuggelt hat, brüten alle über den Aufgaben. Die Lösungen werden auf ein Blatt Papier geschrieben, das wird um einen Stein gewickelt und durchs hoffentlich offene Fenster in die Klasse geworfen. Jedes Jahr werden etliche Schüler durch herumfliegende Steine verletzt.

 

 

P.S. bis 1970 war Kambodscha eines der reichsten Länder der Region und wurde „die Schweiz Asiens“ genannt

 



Mönche, Mohn, Myanmar

12 02 2014

Eigentlich hatte ich Myanmar, das frühere Burma, gar nicht auf dem Zettel. Militärdiktatur, Visum nur gegen den Nachweis von viel Geld, nur Gruppenreisen möglich… dachte ich. Es ist zwar immer noch eine Militärdiktatur, aber man bekommt jetzt problemlos ein Visum, die Opposition hat die Aufforderung zum Boykott des Landes bzw. des Tourismus fallengelassen und alle traveller, die von Myanmar erzählten, bekamen einen verklärten Blick. Aber ich wurde auch gewarnt. Das Land sei dem plötzlichen Boom nicht gewachsen und Hotelzimmer seien knapp, man müsse unbedingt vorher reservieren. Das habe ich dann getan und so reise ich das erste Mal nach einem vorher festgelegten Reiseplan. Das hat auch seine Vorteile, denn ich muss nicht ständig die nächste Reiseetappe planen.

Kaum war ich in Yangon, dem früheren Rangun, aus dem Flieger gestiegen, traf ich auf der Flughafentoilette zwei einheimische Frauen. Die eine war etwa Mitte 60, rundlich und sie sah mich mit einem derartig warmen, offenen Blick an, dass ich auf einen Schlag verstand, warum alle so von Myanmar und vor allem den Menschen hier schwärmen. Wie schön, dass du da bist, schienen ihre Augen zu sagen, hier ist alles gut. Die uneingeschränkte, ultimative Mütterlichkeit, was für eine Wohltat für zweifelnde, immerfort narzismusgeplagte westliche Kreaturen! 

Die zweite Frau war etwa Mitte zwanzig und hatte sich eine dicke, helle Paste auf die Wangen geschmiert. Schlimmer Fall von Akne, dachte ich, die Ärmste. Doch viele Frauen und auch manche Kinder sehen so aus. Dieses burmesische make-up namens Thanaka gewinnt man aus einem speziellen Holz, genauer gesagt: aus der Rinde des englischen Holzapfelbaumes, und während die einen sagen, es diene dem Sonnenschutz und sei zudem antibakteriell, sagen die anderen, das sei nur zur Dekoration. 

 

 

Frau mit Thanaka

Nachdem ich dann mein Gepäck in Empfang genommen hatte, machte ich mich auf den Weg zum Ausgang. Man würde mich abholen, hatte das guesthouse versprochen, und da sah ich auch schon auch ein Schild mit meinem Namen, in der Hand eines bildhübschen, zierlichen Zwanzigjährigen in rotkariertem Longi (wir würden sagen: langer Rock) und weißem Hemd. Er winkte und strahlte mich an.

In Myanmar tragen Männer wie Frauen Schmuck, Haarreifen, schöne Frisuren und – lange Röcke. Die einen in allen Farben des Regenbogens, gern auch mit Indonesisch anmutendem Blumendruck, die anderen eher kariert und in Anzugfarben. Beiden Geschlechtern steht das ausnehmend gut. 

Männer mit Longhi ( in Mandalay)

 

Hier ist manches anders als anderswo. 

Die Woche hat acht Tage, nicht sieben. Der Mittwoch zählt doppelt: Mittwochvormittag und Mittwochnachmittag – zumindest in alten Kalendern.

Die Menschen haben nur einen Namen, nicht Vor- und Nachnamen, und dieser Name hat nichts mit der Familie zu tun, sondern mit dem Wochentag, an dem sie geboren wurden.

An jeder Ecke werden Betelnüsse verkauft. Blätter werden mit Kalk bestrichen, darauf kommen Nussstückchen und ein paar Substanzen, die ich noch nicht identifizieren konnte. Das Ganze wird zu kleinen  Päckchen gefaltet und in den Mund geschoben. Viele haben glasige Augen, rote Zähne und spucken alle paar Minuten roten Saft auf die Straße. In einem Hotelzimmer hing ein Schild: Better not: smoking / betel chewing.

 

Betelverkauf in Yangon

Myanmar ist noch immer einer der größten Opiumproduzenten weltweit und kommt gleich nach Afghanistan. Doch in den letzten Jahren hat man sich zunehmend auf synthetische Drogen (Ice) verlegt, was in großem Stil hergestellt wird.

Das Land ist reich an Bodenschätzen, an Erdgas, Gold, Silber, Rubinen, Saphiren. Edelsteinhändler der ganzen Welt kaufen hier ein. Trotzdem leben viele in Armut und im Vergleich z.B. zum Nachbarn Thailand liegt Myanmar Jahrzehnte zurück. Das Geld wandert in die Taschen der Militärregierung und die Bevölkerung setzt große Hoffnungen in die Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi.

 

Seidenweberin mit einem Monatslohn von umgerechnet 50 Dollar.

Oben am Webrahmen: Aung San Suu Kyi und ihr Vater

Yangon, das früher Rangun hieß – nach dem Ende der Kolonialzeit hat das Land sich wieder auf die eigenen Ortsnamen besonnen – wirkt auf den ersten Blick ziemlich runtergekommen. Als ich von meinem guesthouse, dem wunderbaren „motherlands Inn 2“ in die Stadt laufe, muss ich aufpassen, dass ich nicht in einem der Krater verschwinde, die sich in der Straße auftun. Die schönen alten Kolonialbauten sehen aus, als wären sie seit Jahrzehnten nicht mehr renoviert worden. Es liegt viel Müll herum, der in der Hitze vermodert. Ich komme an einigen leerstehenden Gebäuden vorbei, abends huschen Ratten herum. Aber gleichzeitig tut sich eine Farbenpracht auf, die an Indien erinnert. Indien light. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung ist indischen Ursprungs. Oder kommt aus dem Nachbarland Bangladesch. Neben dem indischen Viertel (mit den köstlichen indischen Restaurants!) liegt gleich Chinatown, denn hier leben auch viele Chinesen. 

Kaum dass ich einen Moment ratlos am Straßenrand stehe und meinen Stadtplan betrachte, spricht mich jemand an und erklärt mir superfreundlich und in gutem Englisch den Weg. Die Menschen scheinen sich über meinen Besuch zu freuen. Als Tourist fühlt man sich hier willkommen.

Die Hauptattraktion von Yangon, die Shwedagon-Pagode, übertrifft an Pracht und Schönheit alles, was ich auf meiner Reise gesehen habe. Es ist ein riesiger Tempelkomples mit einer enormen Gold überzogenen Stupa in der Mitte, deren Spitze mit zahllosen Edelsteinen besetzt ist.

Shwedagon Pagode  in Yangon

 Darum gruppieren sich einzelne mit Mosaiken ausgelegte Tempel. Direkt an der Stupa liegen die Opferstätten für jeden einzelnen Wochentag. Man opfert bei dem Tag, an dem man geboren wurde, übergießt den Buddha mit Wasser, entzündet Räucherstäbchen, klebt Blattgold auf die Figur. 

 

 

Thursday corner in der Shwedagon Pagode 

 

In manchen Tempeln haben sich Gruppen von Gläubigen versammelt und singen und beten gemeinsam, in anderen halten Familien ein gemütliches Picknick. Cliquen von jungen Leuten sitzen auf den Treppenstufen und spielen mit ihren Handies, während gleich nebenan jemand inständig betet. Prachtvoll gekleidete Frauen schreiten vorbei, nicht wenige mit Sonnenschirm. Es ist glühend heiß, und die goldene Stupa leuchtet vor dem blauen Himmel. Als ich eine Familie frage, ob ich ein Foto machen darf, werde ich gleich zum Essen eingeladen.

 

 

Tags drauf fahre ich mit einem Bummelzug einmal um die Stadt. Der Zug wird fast nur von Einheimischen benutzt und während der dreistündigen Fahrt sehe ich ein bisschen von Land und Leuten. 

 

 

Im Zug bei Yangon

 

Frau am Bahnsteig

 

 

 

Wartebank auf dem Bahnhof

Auch hier werde ich eingeladen. Samuel, ein ehemaliger Lehrer, der nun Mitte 70 ist und mit seiner Frau in einem Dorf in der Nähe von Yangon lebt, bittet mich und einen anderen Touristen, einen jungen Australier, zu sich nach Hause. Wir nehmen an, machen einen Gang durch ein Dorf und trinken einen Tee mit Samuel und seiner Frau. Das Gespräch, das im Zug ganz offen und anregend war – Samuel spricht exzellentes Englisch – kommt leider etwas ins Stocken, da die ganze Zeit Bibelfernsehen läuft. Wir sind bei Baptisten zu Besuch! Später erfahre ich, das in Myanmar Muslime, aber auch Christen diskriminiert,  verfolgt und teils sogar umgebracht werden.

Mein wunderbares guesthouse, in dem eine ganze Schar junger Menschen in Longhis ständig putzt, Betten bezieht und sich um die zahllosen zu jeder Tageszeit eintreffenden Backpacker aus aller Welt kümmert, hat für mich die fehlenden Tickets besorgt und weitere Unterkünfte gebucht, und so kann ich schon bald weiterreisen nach Mandalay, was eine Flugstunde weiter im Norden liegt. 

Ich habe genug von den großen Städten und mache einen Ausflug in die Umgebung. Wir besuchen einen Tempel, der auf einem Hügel gelegen ist, eine Silberschmiede, eine Metallwerkstatt, in der aus Fässern Schalen gehämmert werden. Ein altes Kloster, das ganz aus Teakholz gebaut wurde, steht auf dem Programm, und nebenbei erfahren wir, dass das Teakholz, das man heutzutage abholzt, nach China exportiert wird, wo Möbel daraus hergestellt werden. 

Auch die berühmte U-Bein-Brücke, die auf Stelzen steht, wird angefahren.

 

U-Bein-Brücke  

Ein weiterer Höhepunkt ist der Besuch eines buddhistischen Nonnenklosters. In Myanmar gibt es etwa eine halbe Million Mönche und Nonnen (viele sind nur vorübergehend im Kloster). Während orangefarben gekleidete Mönche in Südostasien ein vertrauter Anblick sind, habe ich Nonnen mit den zartrosa Gewändern nur selten gesehen. Die Nonnen kochen für sich selbst und gehen nicht um Nahrung betteln, erfahren wir. Und sie genießen nicht das gleiche Ansehen wie die Mönche. Eine Frau kann erst ins Nirwana übertreten, wenn sie sich zuvor als Mann reinkarniert hat. 

 

 

 

 die Nonnen schreiten zum Speisesaal

 

Mittagessen im Kloster  

 

Später treffen wir noch einmal auf Nonnen, die lachend und munter aus einem Kleinbus steigen. 

Nonnen bei einem Ausflug

Am nächsten Tag heißt es um sechs Uhr früh einchecken auf der Malikha. Von Mandalay aus will ich mit dem Schiff nach Bagan fahren. Es ist noch dunkel, als das Schiff ablegt, doch dann tauchen auf den Hängen am Flussufer die ersten Silhouetten der Tempel auf, der Dunst lichtet sich, die Stupas schimmern golden in der Morgensonne. 

Nach ein paar Stunden auf dem Irrawaddy, dem größten Fluss Myanmars, legen wir an, um weitere Passagiere aufzunehmen. Sofort laufen Frauen ins flache Wasser, um uns Bananen und Samosas zu verkaufen. Sie schleudern ihre Ware aufs Boot und die Touristen werfen ihnen das Geld zu, die Scheine schaukeln ein Weilchen auf der Wasseroberfläche, bis sie sie eingesammelt haben.

Bananenverkäuferin im Irrawaddy 

 Sonst ist nicht viel los während der Fahrt, aber es ist schön, so gemächlich dahinzugleiten, die Landschaft zu betrachten und ab und zu ein anderes Boot. Zur Mittagszeit gibt es tatsächlich etwas zu essen auf unserer kleinen Kreuzfahrt! Einer der boys geht mit einer Speisekarte herum und nimmt Bestellungen entgegen. 

 

 

Kreuzfahrt auf dem Irrawaddy

Gegen Abend erreichen wir Bagan, die alte Hauptstadt. Bagan war um das Jahr 1000 herum 400 Jahre lang Sitz des Königsstuhls, und davon zeugen noch heute 2000 Sakralbauten bzw. deren Reste. Während die Wohnhäuser aus Holz errichtet wurden und längst verrottet sind, benutzte man für die Tempel, Pagoden und Stupas Ziegelsteine. Wie die Zeugen einer längst versunkenen Zeit stehen sie in der ausgedörrten Landschaft. 

 

Sonnenuntergang bei Bagan

Es ist ein großes Gelände, auf dem sich die Tempel und ihre Ruinen verteilen, und so fahre ich auch hier mit dem Fahrrad durch die Gegend. Eines Morgens höre ich plötzlich laute Musik, es wird voll auf der Straße, ein Stau mitten im Dorf, es geht nicht weiter. Dann sehe ich die Ursache: ein Festzug. Voran gehen Frauen mit aufgespannten Schirmen, dann folgen etwa zehn Wagen, die von mit bunten Bommeln geschmückten Wasserbüffeln gezogen werden. Auf den Wagen Familien mit einem geschminkten und herausgeputzten Jugendlichen. Manche sitzen auch auf einem Pferd, aber alle sind im Festtagsstaat, mit Ehrenschirmchen, Blumenschmuck, und am Ende des Umzugs gehen dann Männer mit einem Dieselgenerator und einer Musikanlage. Bei ihnen ist eine Sängerin mit Mikrophon.

 

 

Festlicher Umzug zur Ordination der Novizen 

 

Angehende Nonne 

 

 

Novizen unter Ehrenschirmchen

Die Kinder bzw. Jugendlichen werden am nächsten Tag ins Kloster eintreten, erfahre ich, und sie sind auf dem Weg zu ihrer Ordinationsfeier. Eine solche Feier ist für die Familien sehr teuer und aufwändig und bedarf umfangreicher Vorbereitungen. In den Klöstern bekommen die Kinder eine Ausbildung, und arme Familien sehen darin oft ihre einzige Chance.

 

 

 

Angehender Mönch

Tags drauf verfahre ich mich zwischen den Ruinen und lande dann in einem abgelegenen Nest, das aber so abgelegen dann doch nicht ist, denn ich bekomme gleich von einer Einheimischen eine Führung durch den Ort verpasst, inclusive englischsprachiger Erläuterungen, der Gelegenheit zum fotografieren, dem Hinweis auf das Restaurant und der abschließenden Bitte um ein Souvenir, will heißen ein paar Dollar. 

 

Dorfszene bei Bagan

Nach einer etwa zehnstündigen Busfahrt erreiche ich dann die letzte Station meiner Reise, den Inle-Lake. Dieser See ist für seine seltsamen Einbein-Fischer bekannt. Die Fischer stehen mit einem Fuß auf dem Boot, schlingen das andere um den Staken und geben so eine seltsame, fragile Gestalt ab. 

Dort gibt es Dörfer auf Stelzen mitten im See, die auf Matten schwimmende Gärten angelegt haben. Andere Dörfer liegen zum Teil auf festem Grund, zum Teil im See. In der Umgebung ragen Berge in den Himmel, und manche wackeren Backpacker trecken dort von Dorf zu Dorf und besuchen die abgelegenen Siedlungen der hill-tribes. In Myanmar gibt es ca. 130 ethnische Gruppen, und ein paar von ihnen befinden sich in kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Regierung. So kann man noch immer längst nicht alle Regionen des Landes bereisen. 

 

 

Markt am Inle-Lake  

Ich mache im Morgengrauen eine Bootsfahrt über den See, radele am Ufer entlang, besuche ein Weingut, das ein Deutscher an den Hängen aufgebaut hat, spaziere über die Märkte, bestaune die Tempel und wundere mich über die langen Boote, die Venedig alle Ehre machen würden. 

Zierliche Frauen arbeiten in glühender Hitze auf einer Baustelle. Im Straßenbau sieht man oft ganz junge Leute und auch Frauen unter härtesten Bedingungen schuften. Das ist nicht selten Zwangsarbeit.

Bauarbeiterin im Straßenbau

Mitten im Ort, wo wir Touristen in klimatisierten Räumen dem süßen Nichtstun frönen, sitzen die Einheimischen am Fluss und schrubben ihre Wäsche.

Frauen beim Wäschewaschen 

Ich bin nur zwei Wochen in Myanmar und der Gedanke an die baldige Abreise stimmt mich ein bisschen wehmütig. Dieses Land besitzt eine große große Intensität. Die Tempel sind erfüllt von tiefem Glauben, während sie in vielen anderen Gegenden nur noch Touristenattraktionen waren. Die Menschen strahlen eine ursprüngliche Herzlichkeit aus, und die alten Pferdekutschen, die bunten Farben, die goldenen Buddhas haben etwas archaisch-märchenhaftes. Es war einmal… 

Jetzt verstehe  ich all die Traveller, die gesagt haben: Fahr nach Myanmar, denn bald wird der Tourismus dieses Land verändern. In zehn Jahren wird es nicht mehr so sein wie jetzt. Myanmar rührt an nostalgische Gefühle. Kommen wir nicht eigentlich alle vom Land und haben jahrtausendelang Ackerbau und Viehzucht betrieben? 

Bis vor kurzem konnte man in Myanmar nur mit Dollars bezahlen, und zwar mit tadellosen, frisch gepressten Noten. Angeblich bevorzugten  die Generäle das für ihre Besuche in Spielcasinos. Es ist ein Land im Umbruch, vieles kann nur besser werden. 

Als ich vom Inle-lake nach Yangon zurückfliege, gibt es im Flugzeug freie Platzwahl. Ich setze mich neben einen jungen Mann, der aussieht wie ein Rockstar: Hütchen, Sonnenbrille, lange Haare, Tattoos. Und er ist wirklich ein Star, ist schon in London aufgetreten und hat eine eigene Sendung im asiatischen MTV (wenn ich das richtig verstanden habe!). Zurück im guesthouse, frage ich die Angestellten, ob sie ihn kenne, und die jungen Mädchen kreischen gleich los. R. Zarni, natürlich kennen sie den!!!! Auf ihren Smartphones spielen sie mir seinen größten Hit vor.

Nach meiner Rundreise bin ich noch ein paar Tage in Yangon. Ich habe technische Probleme, kann die Fotos nicht mehr von der Kamera aufs i-Pad übertragen, und nach einer Odyssee durch Technikabteilungen, Kamerageschäfte, Computerläden, Zubehörshops bin ich dem Problem tatsächlich auf die Spur gekommen. Ganz im Gegensatz zu Phnom Penh, wo die Läden leer waren, gibt es hier ein großes Warenangebot, und offenbar gibt es Menschen mit Geld, die all das kaufen.

Während ich mich durch die Stadt arbeite, braust ein Laster voller wilder, junger Leute vorbei. Fußballfans? 

 

 

An einer Straßenecke sitzen auf kleinen Hockern Menschen und lesen Zeitungen. Seit anderthalb Jahren, so der Kioskbesitzer, dürfen wieder mehr Zeitungen erscheinen, und ich lasse mir eine englischsprachige Postille empfehlen und setze mich dazu. Ob die auch von der Regierung sei, frage ich. Regierung, welche Regierung, scherzt er, die Regierung ist doch längst abgetreten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Bangkok zwischen shutdown und Chinatown

17 01 2014

„Bangkok shutdown“ war angekündigt: Die Gegner der Regierung wollten für einen Tag die gesamte Stadt lahmlegen, Kreuzungen besetzen, Straßen sperren, den Alltag zum Erliegen bringen. Aus Protest gegen die korrupte Regierung. Da hält man sich als „Farang“ lieber fern vom Ort des Geschehens, zumal im Internet so grausige Geschichten zu lesen waren wie die eines bevorstehenden Militärputsches am 14. Januar, angeblich schon von Astrologen als optimaler Termin festgelegt. Und Militär werde ohnehin gerade in der Stadt zusammengezogen, weil praktischerweise am 18. Januar der Tag der Armee sei. Und den wolle man mit Prunk und Paraden begehen. Doch am 18. Januar geht mein Flug nach Myanmar, und zwar ab Bangkok. Und dafür brauche ich noch das Visum, das bekommt man nur in der burmesischen Botschaft, die sich wie alle Botschaften im Regierungsviertel befindet. 

Da hilft kein Jammern und kein Klagen, ich muss nach Bangkok, und etwas nervös besteige ich dann in Ayutthaya den 3. Klasse-Zug in die Hauptstadt. Mir gegenüber ein Mann mit einer Kette mit dem Konterfei des Königs, ein anderer trägt ein T-shirt mit der Aufschrift „Bangkok shutdown“, manche tragen Bändchen in den Nationalfarben rot-blau-weiß. Der Zug ist angenehm leer, die Sitze sogar gepolstert, und so rattere ich durch Reisfelder, Dörfer, Städtchen, bis die ersten Slums einer Großstadt auftauchen. Menschen, die direkt neben den Bahngleisen leben, und zwar nicht nur vorübergehend. Der Zug scheint mitten durch ihre Hütten zu verlaufen und bietet Einblick in Schlafzimmer, Badezimmer, Toiletten. Direkt neben den Gleisen wird Wäsche gewaschen, kleine Garküchen brutzeln das Mittagessen, Kinder spielen, Hunde gähnen, als gäbe es die Bahn gar nicht. 

Dann kommen wir an. An der Decke blasen seltsame Ventilatoren etwas in die Luft – oder sieht das nur so aus?

Auf dem Bahnsteig von Hua Lamphong, Bangkok

 In der Bahnhofshalle haben sich etwa hundert Menschen auf Matten und Decken niedergelassen, die ersten Demonstranten. Um im Notfall schnell die Flucht antreten zu können, habe ich mir ein Hostel direkt am Bahnhof gesucht. Alles ist ruhig, von Demos keine Spur, bis auf ein paar Straßenverkäufer, die diverses Zubehör wie Pfeifen und Fahnen verkaufen. 

Ich halte mich von den unruhigen Stadtvierteln fern und mache einen Gang durch Chinatown, das mich gleich an Hongkong erinnert. So muss das alte China gewesen sein, vor dem Kommunismus. Ganze Straßenzüge muten chinesisch an. Metallwerkstätten, Kabelrollen, Edelsteingeschäfte, Ersatzteile, Garküchen, Gassen mit Pflanzen und Bäumen, chinesische Zeichen auf den verrußten Schildern der Läden. Tempel mit grellen Farben, Drachen mit gefährlichen Zacken und angsterregenden Dämonen. Die weisen, gleichmütigen Gesichter der Alten.

 

 

Blick in eine Metallwerkstatt

Zweiter Blick in eine Metallwerkstatt

 

Natürlich verlaufe ich mich und finde mich auf einer breiten, vierspurigen Straße wieder, über der jede Menge knallroter Banner mit chinesischen Zeichen gespannt sind. Chinatown. Die ersten Läden mit chinesischen Spezialitäten und Medikamenten wie getrockneten Seepferdchen und seltsamen Knollen, Tieren und Wurzeln. Foodstalls bieten chinesisches Essen an, über einer Gasse baumeln Hunderte roter Lampions, Tische werden aufgebaut, man bereitet sich auf den Nachtmarkt vor. 

Straßenszene Yaowarat Rd., Chinatown Bangkok

Wagenladungen voller stinkender Durians sorgen für Streit, vor den schickeren Restaurants fahren dicke Limousinen vor, Straßenhändler bieten rotseidene Kleider an. Berge von Mandarinen, Granatapfelsaft, chinesische Backwaren, Fische in trüben Aquarien. 

Straßenszene Bangkok

Keine Spur von Aufstand, denke ich, als ich zu Bett gehe. Den Schauder des Tages jagt mir dann eine fette Kakerlake ein, die in meinem blitzeblanken hostel hinter die Toilette huscht…

Am nächsten Morgen beim Frühstück fällt mir vor Schreck fast die Teetasse aus der Hand. Direkt vor der Tür zieht ein Demonstrationszug vorbei. Hunderte, Tausende von Menschen, manche mit Schildern, Fahnen, Blau-weiß-roten Schleifen laufen friedlich gen Bahnhof.

 

„Bangkok shutdown“ 15.1.2014

 Ein Lastwagen voller Fahnen schwenkender, zum Teil maskierter Demonstranten kommt näher, sieht nach Revolution aus, aber solche Masken tragen hier viele im Straßenverkehr, Männer wie Frauen. Sie sehen aus wie Leute vom Land, wie Bauern, und ihre Gesichter sind eher kraftvoll als zornig. Sie wollen etwas, sie haben sich für ihre Interessen stark gemacht, viele strahlen mich an und zeigen stolz ihre Transparente.

„Bangkok shutdown“ 15.1.2014 

Später sehe ich Gruppen von Demonstranten ratlos vor den Fahrkartenautomaten des supermodernen skytrains stehen, wo auch ich stehe, um mir ein Ticket für die Fahrt ins Regierungsviertel Silom zu kaufen, denn dort liegt die Botschaft von Myanmar. Nun muss ich in die Höhle des Löwen, ob ich will oder nicht. Vor der Kulisse der Wolkenkratzer Bangkoks, der Geschäftshäuser, Fernstraßen und Einkaufsmalls werden Fahnen geschwenkt, Menschen haben sich versammelt, halten Reden, kampieren auf dem Platz. 

 „Bangkok shutdown“, Bangkok Silom, 15.1.2014 

 

Ich kann mein Visum am gleichen Tag abholen, und am Abend ist dann schon deutlich mehr los in Silom. Der Platz hat sich gefüllt, ein Redner spricht temperamentvoll zu den Massen, sein Bild wird auf eine große Leinwand projiziert. Ich unterhalte mich eine Weile mit einem jungen Thai. Die Regierung sei korrupt und die Präsidentin nur eine Marionette ihres Bruders, der aus dem Hintergrund immer noch die Fäden ziehe, obwohl er vor Jahren wegen Korruption verurteilt wurde. Man fordere ihren Rücktritt und Neuwahlen erst nach Reformen. Vieles verstehe ich nicht, aber das Thema wird mich noch eine Weile begleiten, denn in den nächsten Wochen werde ich noch mehrmals nach Bangkok kommen.

 

 

 

 

 



Die Königsstädte oder: Wie kommt der Buddha in den Baum?

16 01 2014

Ich wische mir den Schweiß von der Stirn. Nach der Fahrt im local Bus bin ich schon früh um zehn verschwitzt und paniert mit Straßenstaub…

 

 

 

Blick aus dem Bus, eigentlich ein Pick-up mit 3 längs angeordneten Holzbänken (und jeder Menge Dekoration!)

…aber der historische Park soll eine echte Sehenswürdigkeit sein, nun gut, tapfer schiebe ich mein Fahrrad an der Ticketkontrolle vorbei – ein weiter, grüner Park  tut sich auf. Große, alte Bäume, Gewässer, Seerosen, und was ist das? Seltsame Bauwerke ragen auf, Reste von Tempeln, Ruinen. Stupas spiegeln sich im Wasser, duftende Frangipanibäume säumen den Weg, dahinten ein riesiger Jahrhunderte alter Buddha, dann fliegt auch noch ein weißer Ibis auf…

 Historical parc Sukothai

Sukothai, übersetzt „der Anfang des Glücks“, gilt als die Wiege Thailands. Hier war der Sitz des ersten Königreichs der Thai, die die Khmer nach Kambodscha zurückdrängten. Die Thai herrschten von 1238 bis 1376, pflegten regen Handel mit China, führten den Theravada-Buddhismus und das thailändische Alphabet ein. Eine Blütezeit.

Heute ist vom einstigen Glanz nicht mehr viel übrig, aber die Reste der rund 200 Tempel und Paläste sind in einen großartigen historischen Park eingegangen, der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt und mit dem Fahrrad erkundet werden kann. Und so mache ich mich auf den Weg. 

 

 

 Sitzender Buddha in Sukothai

 

Besuche Buddhas, die ihr verwittertes Gesicht der Morgensonne entgegenstrecken, von manchen sind nur noch Einzelteile übrig, andere residieren in perfekter Haltung auf einem Hügel und blicken über Felder, Städte, Dörfer und Straßen, auf denen jetzt das moderne Thailand dahinbraust. 

 

Ein großer stehender Buddha ist von einem eigenen Gemäuer umgeben. Seine Anhänger huldigen ihm, opfern Blumen, entzünden Räucherstäbchen und drücken hauchdünne Blättchen aus Blattgold auf seine eleganten Hände.

 

Am nächsten Tag bin ich wieder mit dem Rad unterwegs, aber diesmal nicht allein. Ich habe mich einer gemütlichen Radtour über Land angeschlossen, radel durch Reisfelder und staune über das Lindgrün, Granny-Smith-Grün, Grasgrün, Flaschengrün. Die Gegend ist sehr fruchtbar und es gibt mehrere Ernten im Jahr. Aus dem Reis wird auch Whisky gebrannt, und wir besuchen eine Whiskybrennerei.

  

 

Um die Mittagszeit fährt in der Whiskybrennerei der Imbisswagen vor. Diese Frau sucht sich gerade ihr Mittagessen aus.

Von den historischen Stätten einmal angesehen, ist Sukothai eine ganz normale, nicht besonders interessante Stadt. Der amtierende König, auf den man hier nichts kommen läßt, wacht über eine Kreuzung, und auf dem Markt werden jede Menge Blumen und Blumenketten verkauft. Die werden Buddha und den verschiedenen Göttern und Geistern geopfert.

 

 

Blumen für Buddha

 

 

König Bhumibol von Thailand 

 

Nach etwa 150 Jahren wurde der König von Sukothai vom König von Ayuthaya besiegt und forthin war Ayuthaya, welches ein paar hundert Kilometer weiter südlich liegt, Hauptstadt. So mache ich mich nach einigen Tagen auf in die nächste Königsstadt. 

Es ist ein komfortabler Bus, die Straße ist gut ausgebaut, es gibt regelmäßige Eß- und Pinkelpausen und im Stillen singe ich schon ein Loblied auf die touristische Infrastruktur Thailands – bis der Bus plötzlich mitten auf dem Highway anhält. „Ayuthaya!“, brüllt der Schaffner, und ehe ich mich versehe, stehe ich auch schon mit meinem Rucksack an der Autobahn und blicke dem schönen Bus hinterher. 

Nach einer halben Stunde auf der Ladefläche eines Pick-ups, einem Marsch durch die Stadt und einer rasanten Fahrt auf dem Sozius eines Rollers komme ich schließlich wohlbehalten bei meinem guesthouse an, einem Stelzenhaus am Flußufer, das fast zur Gänze aus Teakholz besteht. Zwischen den Holzbohlen kann man etliche Meter in die Tiefe blicken, die Möbel sind auch allesamt aus Teakholz, und im Flur stehen Vitrinen mit altem Porzellan und allerlei Sammlungen. Um zu den historischen Stätten zu kommen, muss ich über den Fluss setzen. Die Fähre legt direkt an meinem guesthouse an. Finde ich alles sehr romantisch, bis auf die zahllosen Moskitos und den toten Hund, der im Fluss schwimmt…

Ayuthaya hat Sukothai an Glanz noch überboten. Es war einst eine der reichsten und größten Städte der Welt. Seine Macht währte 400 Jahre, am Königshof verkehrten Händler aus aller Welt, selbst das ferne Portugal unterhielt eine eigene Botschaft. 1611 schrieb Engelbert Campfer aus London: „Unter den Nationen Asiens ist das Königreich Siam das Größte. Die Exzellenz des Hofes in Ayutthaya ist unvergleichlich.“ 

Viele der Buddhas und Stupas wurden mit Gold überzogen, doch als die Burmesen 1767 die Stadt plünderten, ließen sie nicht viel übrig. So sind heute nur noch Museen und Ruinen zu bewundern. Hier liegen sie zumeist mitten in der Stadt, und die ist laut, staubig, voller Autos. Doch während ich zwischen den verschiedenen Tempeln und  Palästen herumradel, sehe ich plötzlich mitten auf der Straße einen prächtig geschmückten Elefant, der wohl Touristen durch die Gegend schaukelt. Potztausend! Viele Elefanten sind arbeitslos geworden, seit nicht mehr soviel Dschungel gerodet wird bzw. ihre Arbeit von Maschinen übernommen wurde.

 

 

Elefant in Ayutthaya

Das beliebteste Fotomotiv ist ein Buddhakopf, um den sich im Laufe der Jahrhunderte ein heiliger Bodhi-Baum geschlungen hat. 

 

 Buddhakopf im Bodhi-Baum, Ayutthaya

 

Neben den Ruinen finden sich auch etliche neuere Tempel und Klöster. In einem werde ich Zeugin eines Rituals, bei dem orangefarbene Gebetstücher auf einen riesigen Buddha geworfen werden. 

 

 

Orangefarbene Tücher werden bereitgehalten, während Gesänge und Gebete erklingen. Auf den Händen des Buddhas sind die Helfer zu sehen.

 

 

  

Die Gläubigen werfen die Tücher hoch, und die Helfer ziehen sie mit Stricken weiter rauf und hängen sie über den Buddha. 

 

Statt die zerstörte Pracht wieder aufzubauen, gründete König Rama I nur 80 km entfernt die neue Hauptstadt Siams: Bangkok, die „Stadt der Engel“. Meine nächste Station!

 

 



Chiang Mai zu Silvester

6 01 2014

Von Laos nach Thailand zu kommen, ist, als würde man aus dem Wald mitten in die Großstadt fahren. Die vielen Autos! Die vielen Menschen! Der Krach, die Farben, die Musik! Und am Ende der Straße: ein Springbrunnen!!! Sowas hatte ich ja lange nicht gesehen. Die Läden quellen über vor Waren, die Tempel strotzen vor Blumen und Gold, an den Straßenbäumen hat man Orchideen angebracht, das Essen ist lecker und günstig, die Dusche wird heiß, das Internet ist schnell. 

 

Straßenszene in Chiang Mai

Es ist viel lauter als in Laos, und das kommt nicht nur vom Straßenverkehr. Meist sind die Thai sehr freundlich, nur viel extrovertierter als die scheuen Laoten. Aber wenn es was zu meckern gibt, können sie auch rufen, schimpfen, brüllen. Aufgebretzelte, bildhübsche Frauen stöckeln durch die Straßen, nicht wenige von ihnen an der Seite eines… Ja, genau, eines viele Jahre älteren „Farang“, wie der Mensch aus dem Westen hier genannt wird. In manchen Lokalen gibt’s sogar eine eigene Rubrik auf der Speisekarte: Farang Food. 

Der typische Freier-Farang ist im Rentenalter, trägt Birkenstocks, Bermudas, ein flottes Hemd, eine jugendliche Cap und hält Händchen mit seiner Begleiterin, was in Asien völlig unüblich ist. 

In Laos stellt eine außereheliche intime Beziehung zu einer Laotin ein Verbrechen dar, das mit hohen Strafen geahndet wird. Zumindest sind die Laotinnen so vor Prostitution geschützt. Hier habe ich fast das Gefühl, dass die Prostition gewünscht und gefördert wird. 

Zwischen Laos und Thailand liegen Welten. Thailand ist viel reicher, viel westlicher. Alles ist üppig, sinnlich, körperlich. An jeder Ecke werden Massagen angeboten, sogar in den Innenhöfen der Tempel, wo die Kunden sich dann nebeneinander (angezogen!) auf Liegen oder Matten ausstrecken und von zierlichen Thailänderinnen gezogen, gedrückt, gedehnt werden. Mit der streichenden und knetenden europäischen Massage hat die Thai- Massage nicht viel zu tun. Zimperlich ist man dabei nicht. „No pain, no gain!“, lautet die Devise. 

Zu Silvester hatten in vielen Tempeln auch Freßbuden, Klamottenstände und Souvenirshops ihre Waren ausgebreitet. Alkohol gab es nicht, aber jede Menge zu gucken. 

Es wurden bunte, Gold eingefaßte Papiere mit den Tierkreiszeichen der chinesischen Astrologie verkauft, die man mit seinem Namen versehen und aufhängen  konnte. 

Neujahrswünsche im Tempel

Ein Buddha erstrahlte in allen Farben des Regenbogens, es war geradezu eine Lightshow. Buddha Blau, die Boddhisatvas in komplementärem Orange. Buddha Grün, die Boddhisattvas Pink. 

Mancher Innenhof war vom Licht von Hunderten von Kerzen und Öllämpchen erfüllt. Laternen so groß wie Tonnen wurden mit Wünschen beschrieben, mit einem Feuerchen versehen und in den Nachthimmel entlassen, der in dieser Nacht überzogen war von neuen Gestirnen, Sternbildern und Milchstraßen aus Wünschen…

Mönche lassen Laternen in den Himmel steigen

Chiang Mai ist umgeben von einer alten Stadtmauer, von der nur ein paar kümmerliche Reste übrig sind. Aber die gesamte Altstadt ist von Kanälen eingefasst, und darin spiegelten sich dann die vielen Ballons und die bunten Buden dieser Nacht. 

Chiang Mai in der Silvesternacht

Nach ein paar Tagen fand ich die Stadt dann ganz angenehm, meinen Balkon geradezu großartig und so bin ich fast zwei Wochen geblieben. Viel gemacht habe ich eigentlich nicht. Ich war im Zoo, habe einen auswärts gelegenen Tempel besucht, auf dem Nachtmarkt gegessen, ich habe einen Thaikochkurs gemacht, eine ausgiebige Massage genommen, die Reise nach Myanmar vorbereitet. Aber die langsamere Gangart hat mir gutgetan und die Sinne geschärft. So hatte ich auch Gelegenheit, meine Mitreisenden zu beobachten, von denen es hier eine Menge gibt. Und ich wohnte mitten im „Traveller-viertel“.

Neben dem Freier-Farang (s.o.) gibt es hier auch den Feier-Farang und den Hippie-Farang. Der Hippie-Farang ist schon von weitem zu erkennen, er trägt Thai-Hosen mit tiefem Hosenboden, seine Freundin bunte Pluderhosen mit Blumen oder Elefanten. Beide können dreadlocks haben, tattoos, Piercings, Sonnenbrand, knappe Tanktops, eine Mala um den Hals und an den Waden Blutegel vom Trecken. Denn früh am morgen fahren Minivans mit dem Schriftzug ADVENTURE die guesthouses ab und sammeln ihre Kundschaft ein, die in den nahen Bergen klettert, auf einem Elefanten durch den Fluss reitet oder einen der hilltribes besucht.

Wenn sie dann nach zwei, drei Tagen zurückkehren, zeigen sie voller Stolz ihre Prellungen und Schürfungen, ihre Handyfotos und Insektenstiche vor. Darauf erstmal ein Bier, das hier fast soviel kostet wie eine Übernachtung im Dormitory. 

Doi Suthep in der Nähe von Chiang Mai – laut Reiseführer einer der wichtigsten Tempel Thailands

Ich habe mich lieber an die zahlreichen Tempel gehalten und fand es sehr erstaunlich, welche Vielfalt an „donations“ dem Besucher angeboten wird. Es stehen sogar Tresore bereit, in die man diskret seine Gabe steckt. Man kann aber auch gezielt für einen bestimmten Zweck spenden, für die Ausbildung der Mönche, für die Instandhaltung des Tempels, für die Stromrechnung oder für die Tempelhunde. 

Um Spenden wird gebeten! Links für viele Zwecke, rechts für die Hunde

Gegen eine kleine Spende, zum Beispiel einen Präsentkorb für Mönche, kann man sich segnen lassen, ein Freundschaftsbändchen bekommen oder ein Gespräch führen. Für Farang bietet sich dazu der Monk-Chat an, der in vielen Tempeln regelmäßig angeboten wird.

Präsentkörbe für Mönche

Das Ausmaß, in dem die Geschäftstüchtigkeit hier in die heiligen Hallen schwappt, ist schon erstaunlich, ebenso wie umgekehrt die Präsenz der Religion im Alltag. Ein Altar im Autosalon. Ein Baum mit einer bunten Schärpe und Opfergaben für Buddha. 

Altar am Straßenrand 

Riesige Läden voller Buddhabedarf. Überall in der Stadt kleine und große Elefanten, auch Drachen und Schlangen, zum Beispiel in einem Park. 

 

 Im Park in Chiang Mai

Dann wieder blitzt hinter einer Kreuzung eine goldene Stupa in der Abendsonne.

Manchmal denke ich, ich wandle hier durch einen Traum.

 

 

 

 



Palmen, Gold, Orange: Luang Prabang

26 12 2013

 

Manchmal komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Heute zum Beispiel. Ich bin mit dem Rad aus der Stadt über die Dörfer gefahren, immer am Mekong lang. Hütten, Häuser, Palmen, Bananenpflanzen, Papayas, lila Bougainvillea, Menschen, die freundlich Sabaidii! rufen. Mitten auf der Straße liegt ein Hund, schaut kurz auf, als er mich sieht, leckt sich die Pfote und schließt die Augen wieder. Es kommt anscheinend so selten mal was vorbei, dass er gefahrlos mitten auf der Straße pofen kann. Aber was heißt Straße? Es ist eine holprige Piste, und wenn doch mal ein Tuc-Tuc oder ein Roller mich überholt, bin ich in eine Staubwolke gehüllt. Und dann wie eine Fatamorgana ein geschnitzter, goldener Giebel, eine strahlend weiße Stupa, ein Tempel, hier Wat genannt. Mitten im Staub, in einem Flecken im Nirgendwo stehe ich plötzlich vor einem Kloster. Goldene Löwen bewachen das Portal, in einem Häuschen hängt die riesige Trommel, der Tempel erstrahlt in rot und ist über und über mit goldenen Mustern verziert, ich werfe einen Blick hinein, Goldene Buddhas schenken mir ihr mildes Lächeln. Auf dem Hof tummeln sich ein paar junge Mönche, sie mögen kaum 16 sein, in orangefarbene Gewänder gehüllt, machen Faxen und lachen, einer hat ein Handy in der Hand. Ich setze mich einen Moment unter einen der ausladenden alten Bäume und genieße die Stille, die heiteren Farben, und denke darüber nach, wie anders doch das Christentum ist. 

 

 

Junge Mönche in Luang Prabang

Selbst wenn die Dörfer noch so armselig aussehen, hat jedes mindestens einen goldenen Tempel, wenn nicht mehrere. Die Hühner laufen gackernd herum, eine Mutter badet vor dem Haus ihr kleines Kind in einer großen Schüssel, Frauen sitzen plaudernd zusammen, Männer spielen Brettspiele. Durch die hohen Palmen am Wegrand ist immer wieder der Mekong zu sehen. Dann höre ich Musik, ein junger Mann sitzt auf der Terrasse, spielt Gitarre und singt. Es klingt popig, weich, geradezu lieblich, ich fahre weiter in das goldene Licht, blicke in die Palmen und ich genieße jede Sekunde dieser Stunde.

Laos ist ländlich- gemütlich, Städte gibt es ohnehin kaum, und auch dort lassen die Menschen sich nicht aus der Ruhe bringen. Dass jemand arbeitet, sieht man eher selten. Alles geht langsam, Lao-langsam, schon das Kassieren im Restaurant ist eine Aufgabe, die höchste Konzentration erfordert und wieviel Wechselgeld ich dann zurückbekommen muss, rechnet man lieber mit dem Taschenrechner aus. 

 

 

 

So ist es zumindest in Luang Prabang, einer Stadt eher im Norden von Laos. Dort gibt es zwei Flüsse, eine Halbinsel, etwa dreißig Tempel, einen Hügel – mit was wohl? einem Tempel natürlich, und so schwirren jede Menge orangefarben gekleideter Mönche durch die Stadt.

 

 

 

Blick auf den Mekong in Luang Prabang

 Im Morgengrauen sammeln sie Almosen. Die Laoten hocken dann auf Matten am Straßenrand, und legen den vorbeiziehenden Mönchen ihre Gaben in die Opferschalen, meist sticky rice, den sie zu Kügelchen formen. Manche geben auch Obst oder die beliebte süße Kondensmilch. Leider wird die heilige Zeremonie von aufdringlichen Touristen gestört, die jede möglichst viele Fotos aus größtmöglicher Nähe schießen wollen. 

 Morgengabe der Mönche

Und Touristen gibt es hier viele, was kein Wunder ist, denn die Stadt ist geradezu märchenhaft schön. Zur einen Seite der von riesigen Palmen gesäumte Mekong, zur anderen Seite noch ein Fluss, in der Umgebung ragen die Berge auf, farbenprächtige Märkte, ein prunkvoller Königspalast, der heute als Museum dient und neben Kunstschätzen die Autosammlung des letzten Königs beherbergt.

 

 

Details an einem Tempel in Luang Prabang

Und an den vielen Tempeln kann ich mich gar nicht sattsehen. Manche sind über und über mit Mosaiken bedeckt. Wohin man auch geht, alle Nase lang schimmert es golden und die Stadt scheint in ein flirrendes goldenes Licht getaucht zu sein.

 Darüber ein strahlend blauer Himmel. An den Tempeln werden Opfergaben verkauft, kunstvolle kleine Gebinde aus Blättern und orangefarbenen Blüten und winzige piepende Vögel, die man dann dem Buddha zu Ehren in die Freiheit entlässt.

 

 Opfergaben: Vögel in Körbchen, Blumengebinde

Doch wenn die Sonne tiefer sinkt und schließlich untergegangen ist, zeigt sich die Schattenseite dieser Schönheit, denn es wird nachts eiskalt. Schon in Pakse, einem Städtchen in Südlaos, habe ich so gefroren, dass ich mir warme Kleidung kaufen musste, und in Luang Prabang schlafe ich mit Socken, Leggings, Hemd, Pyjama, dicker Sweatjacke mit Kapuze. Wenn ich mich dann in die vier Decken wickle, die in meinem Zweibettzimmer erfreulicherweise zur Verfügung stehen, geht es. Häufig haben die Fenster hier keine Scheiben, sondern nur ein Fliegengitter, und 90 Prozent der Restaurants sind auch als Open-Air-Lokale angelegt. Da sitzen die armen Touristen dann in ihren Fließjacken und windbreakern und schlottern.

 

 

 

 

Fischer in Luang Prabang, früh am Morgen

Deshalb habe ich mich früher als geplant von Laos verabschiedet und bin weiter nach Thailand. Doch die Gesichter der Laoten, diese scheuen, lieben Blicke und die Augen der jungen Mönche, die kann ich nicht vergessen. Ich mag die Laoten, sogar lai-lai. Das ist laotisch und heißt sehr!



Landpartie in Laos

25 12 2013

Nur zwanzig Prozent der Laoten leben in einer Stadt. Insofern ist eine Reise in Laos meist eine Landpartie, aber die abgelegeneren Dörfer und Flecken sind schwer zu erreichen. Und wo will man da unterkommen?Die wilden jungen Menschen fräsen bisweilen mit einem Roller durch die Gegend und machen dann „homestay“ bei laotischen Bauern, eine neue Form des Tourismus. Die Familien nehmen einen Gast auf, er isst mit ihnen, wäscht sich wie sie im Fluss und sie verdienen sich ein Zubrot. Beim Gedanken an die vielen Tiere, mit denen ich dann womöglich mein Lager teilen müsste, habe ich davon aber lieber Abstand genommen. 

Ich war inzwischen in Pakse angekommen, einem Städtchen an einem Fluss. Preisfrage: wie heißt der Fluss? Natürlich!! Mekong!! In Pakse gibt es den größten Markt von Laos mit riesigen Fischen aus dem Mekong, Bergen von duftenden Kräutern, Säcken voller Tabak und Reis und ganze Galerien merkwürdiger getrockneter Meeresbewohner.

 was gibt es da zu gucken?

 

Marktszene

 

 

Boxkampf gucken in der Markthalle 

 

 

Ententransport 

 

Flaschensammlerin in Pakse (Laos)

Nach drei Tagen Tag hatte ich die Stadt dann auch gesehen und wollte mit einer kleinen Gruppe im Minivan, wie die Kleinbusse hier genannt werden, aufs Bolavenplateau. Doch am Morgen regnete es in Strömen, und der Inhaber meines guesthouses meinte, das würde den ganzen Tag so gehen, es sei Taifun über Vietnam, und sah sorgenvoll in die Palmen, die sich im Regen wiegten. Da bin ich dann lieber einen Tag in meinem schönen, komfortablen, blitzeblanken Zimmer geblieben, was nach der Woche in der Bambushütte eine echte Freude war!

Doch in der Nacht wurde ich plötzlich wach von einem Kribbeln am Hals. Ich habe das Tierchen gleich geschnappt, Licht an, betrachtet und festgestellt: kenne ich nicht. Vielleicht zwei Millimeter, kein Floh, keine Laus. Tags drauf habe ich dann bei Wikipedia nachgesehen, was es so für Viecher gibt – und in Windeseile meine Sachen gepackt. Eine Bettwanze, der Schrecken jedes Travellers. Das Tierchen hat mich zwar nicht gebissen – angeblich beißen sie nur einen Teil der Menschheit, das soll aber sehr unangenehm sein und mit „Wanzenstraßen“ und wochenlangem Juckreiz verbunden sein – aber sie gehen auch gern auf Reisen. Dazu schlüpfen sie im Gepäck ihres Gastgebers unter, gründen darin eine Familie und begleiten ihn dann oft noch monatelang, gerne auch bis nach Hause. Dabei sah das Zimmer so sauber aus und war eines der teuersten der letzten Zeit. Wanzen können monatelang ohne Blut auskommen, wohnen in altem Gebälk, in Ritzen, Ecken und Matratzen – und suchen die Nähe des Menschen.

So habe ich einen ganzen Tag mit der Suche nach einer Unterkunft verbracht, denn mein guesthouse war wirklich das schönste der Stadt… schließlich bin ich noch fündig geworden, habe aber in der Nacht gefroren wie ein Schneider ( warum frieren Schneider eigentlich??? könnten sich doch was nähen!). Nach dem Regen hat es sich abgekühlt, und zwar in der ganzen Region, und in Kambodscha spricht man schon vom kältesten Winter seit dreißig Jahren. Die Temperaturen liegen nachts zwar immer noch bei zehn Grad, aber ohne Heizung, Federbetten und Scheiben in den Fenstern kann das ganz schön schattig sein.

Dann ging es im zweiten Anlauf endlich aufs Bolavenplateau, das mich von der Landschaft her an das Hochland von Vietnam erinnert hat. Auch hier wird Kaffee angebaut, es gibt prächtige Wasserfälle und man kann abgelegene Dörfer besuchen. In Laos gibt es – laut der letzten Volkszählung – 49 verschiedene Ethnien, viele davon mit einer eigenen Sprache, was die Weiterentwicklung des Landes nicht gerade erleichtert. 

Wir waren in einem Dorf einer animistischen Minderheit, wo die Büffel, Schweine und alle anderen Viecher frei im Dorf herumliefen und man beim Rundgang aufpassen musste, dass man nicht in ihre Hinterlassenschaften trat. 

 

 

Dorf auf dem Bolavenplateau

Dann kamen wir zu einem Weberdorf, wo die Frauen unter den Pfahlbauten ihre Webrahmen aufgespannt hatten, die sie mit den Füßen hielten.

 

 

 

Weberin auf dem Bolavenplateau. Der grün-schwarze Schal links wurde mein Weihnachtsgeschenk!

In einer Art Museumsdorf, das am Rand eines Stammesgebiets lag wurde die Architektur, Kultur, Lebensweise dieses Volkes vorgestellt, das dadurch vom Tourismus unbehelligt bleibt. Vielleicht kein schlechtes Konzept.

 

 

Waldhaus

 

Die Menschen sahen hier schon etwas abenteuerlicher aus, zwei alte Frauen mit roten Zähnen ( vom Kauen der Betelnüsse), bunten Gewändern und weißen Scheiben in den Ohrläppchen, so groß wie ein Fünfmarkstück (falls sich noch jemand an die erinnert!) gingen plaudernd über eine Hängebrücke.

Das Königreich Laos wurde früher auch „Land der Millionen Elefanten“ genannt, und am Königspalast von Luang Prabang prangen Embleme von Elefanten.

 

 

Königspalast in Luang Prabang

Die Elefanten sind so etwas wie das Wappentier, spielen immer noch eine Rolle, und auch auf dem Bolavenplateau konnte ich einen leibhaftigen Elefanten beobachten. Er hatte gerade Futter bekommen, eine Bananenstaude, und nachdem er zuerst vergeblich versucht hatte, sie im Ganzen zu verschlingen, legte er sie vor seine Füße und verzehrte ganz manierlich eine nach der anderen!

 

 

 

 Elefant futtert Bananen



Lazy in Laos

16 12 2013

„In Vietnam sät man den Reis, in Kambodscha sieht man zu, wie er wächst, und die Laoten hören den Reis wachsen“, sagt man in Südostasien.

Die Laoten gelten als das als das langsamste Volk weit und breit, manche bezeichnen sie gar als lazy, und diese gemütliche Grundstimmung kam meinem Wunsch nach Entschleunigung sehr entgegen.

Ein Haus für mich allein, eine Terrasse mit Hängematte direkt am Mekong, der gemächlich gen Süden fließt – auf Don Det habe ich mich eine Woche lang von den Strapazen der Reise erholt, in der Hängematte geschmökert („der Stille Amerikaner“), ein Nickerchen gemacht und wieder auf das große Wasser geschaut, das hier von vielen kleinen und großen Inseln durchsetzt ist.

 

 

Mein Haus am Mekong

Abends dann ins benachbarte Restaurant, wo der deutsche Inhaber so großartige Gerichte wie Frikadellen mit Zwiebelsoße und Stampfkartoffeln kredenzt. Beim Heimweg brauchte man allerdings eine Taschenlampe, um unter dem unglaublichen Sternenhimmel, der zwischen den prächtigen Palmen blitzte, den Weg zu finden und nicht mit den Wasserbüffeln zusammenzustoßen, die hier wie die Hühner frei herumlaufen, oder gar auf einen der gefährlichen Tausendfüßler zu treten. 

Die 4000 Islands, wie die Region im Süden von Laos genannt wird, gelten als Backpacker-Mekka, und schon auf der Fähre zur Insel bekam ich eine Vorstellung davon, was das heißen kann, als ein barfüßiger europäischer Rastaman sich auf dem schmalen Boot nach vorne bewegte, wobei es gehörig ins Schwanken geriet, um auf dem Bug zu sitzen, die Füße im Mekong, das Gesicht in der Sonne.

In manchen Lokalen stehen happy Pizza oder happy mangoshake auf der Speisekarte und es ziehen bisweilen süßliche Schwaden durch die Luft, doch die Einheimischen wollen dem Einhalt gebieten, seit es unlängst einen Zwischenfall mit einem Finnen gab, der angeblich ein Schwein erwürgt und Kinder bedroht hat.

Weg auf Don Det 

Doch das tut der tropischen Idylle keinen Abbruch, und wenn ich dann lange genug in der Hängematte geschaukelt und dem Treiben auf dem Mekong zugeschaut hatte, wo es regen Bootsverkehr gab – Morgens und abends Schulkinder, orangefarben gekleidete Mönche, Einheimische mit ihren Einkäufen, Touristen – habe ich mich auf mein Fahrrad geschwungen und die Inseln erkundet.

 Wasserbüffel nehmen ein Bad

 

Auf der Nachbarinsel Don Khon gibt es spektakuläre Wasserfälle, an denen die Einheimischen mit Netzen, Körben, Schanzen und Gestellen Fische fangen. Einen der Fischer konnte ich dabei beobachten, wie er an sich an einem Seil durch die Fluten kämpfte, um seine Gerätschaften zu kontrollieren.

 

 

 

 

 

 Wasserfall auf Don Khon

Nach Ansicht der Einheimischen wohnen in den Wasserfällen die Geister. Die scheinen hier überhaupt sehr aktiv zu sein. Unlängst erklärten ein paar Schulkinder, Geister gesehen zu haben, und als eines dann noch erkrankt, wurde die Schule für eine Woche geschlossen.

Diese Geister müssen auch für das nächtlich Geraschel an meiner Hütte verantwortlich sein, das mich in der ersten Nacht um den Schlaf brachte. Gottseidank hatte ich die Tür mit einem Strick zugebunden, denn abschließen konnte ich mein Haus nicht, zumindest nicht von innen. 

Gackern Hühner bei Nacht? Diese Frage hat mich am folgenden Tag umgetrieben, denn meine Nachbarin meinte, das müssten die Hühner gewesen sein, aber ich habe nicht das leiseste Gackern vernommen. In der folgenden Nacht war es dann auch ruhig, zumindest bis meine Mitbewohner zum Leben erwachten, die auf vier Füßen gingen und zwischen Dach und Decke rumorten. Aber ich hatte ja ein großes rosarotes Moskitonetz über mir und fühlte mich nicht weiter in meiner Nachtruhe gestört. Die währte auch nur bis zum ersten Hahnenschrei, und auf der Insel gibt es viele Hähne! 

Wenn ich dann gegen sechs Uhr früh aus meiner Hütte trat, hatte ich freie Sicht auf den Sonnenaufgang über dem Mekong. Abends ging sie auf der anderen Seite der Insel unter, ein ebenso prachtvoller Anblick, den ich am liebsten mit einem kühlen Tonicwater genossen habe. Das hatte ich zu meinem Lieblingsgetränk erklärt. Schon die Engländer haben in ihren Kolonien bevorzugt Tonicwater geschlürft (gerne mit Gin), denn das enthaltene Chinin hält die Malariamücken fern. Doch dann musste ich erfahren, dass man davon täglich 15 Liter trinken sollte, um einen nennenswerte Wirkung zu erzielen, denn heutzutage enthält es nur noch Spuren von Chinin.

 

Sonnenaufgang bei Don Det (4000 Islands, Laos)

Nach einer Woche in der Hängematte habe ich mich dann auf den Weg zur nächsten Attraktion gemacht, nach Champasak, einem Dörfchen etwa 100 km weiter nördlich. Wat Phu, die Tempelanlage aus dem 5. Jahrhundert, die als eine der wichtigsten archäologischen Stätten von Laos gilt, liegt malerisch am Fuß eines Berges, in einer angenehmen Fahrradentfernung von acht Kilometer außerhalb von Champasak.

 Auf dem Weg dorthin kam ich an etlichen Tempeln aus jüngerer Zeit vorbei, die in heiteren Farben und viel Gold gehalten waren. Am erstaunlichsten fand ich den Buddha zwischen zwei Bäumen, der der Straße den Rücken kehrt. 

Buddha am Straßenrand

Nach einem Blick in das angeschlossene Museum bin ich dann zwischen den rituellen Wasserbecken (die so groß waren, dass man auch von künstlichen Seen sprechen kann!) zum Tempel aufgestiegen. Am ersten Gebäudekomples waren Archäologen damit beschäftigt, den Tempel abzubauen, vermutlich um ihn später wieder aufzubauen. 

 

 

 Archäologen in Wat Phu

Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel und ich machte mich an den Aufstieg zum Haupttempel, der über steile, teils im Laufe der Jahrhunderte eingesunkene Treppen führt und gesäumt wird von von duftenden Fangipanibäumen, die ihre makellosen weiß gelben Blüten auf die schweißgebadeten Touristen rieseln lassen.

 Oben angekommen habe ich mich dann mit köstlichen kleinen Kokosnusspuffern gestärkt, bevor ich einen Blick in das eigentliche Heiligtum geworfen habe. Es war Shiva geweiht und wurde an einer Quelle errichtet, dessen Wasser über Kanäle zu einem überdimensionalen Lingam geleitet wurde, der so ständig gekühlt, erfrischt und bespielt wurde. Muss sich gut anfühlen!!! Der Lingam ist nicht mehr da, und in dem ursprünglich hinduistischen Tempel hat ein großer Buddha Platz genommen.

 

Von Wat Phu bietet sich ein großartiger Ausblick auf das Mekongtal.

 Der Fluß selbst ist hier träger und ruhiger als bei den 4000 Islands, er scheint sich kaum zu bewegen und liegt da wie ein stiller, großer See, dunstig und verschwiegen. 

Mekong in Champasak 

Am Abend wehten durch Champasak Töne, die mich an die indonesischen Gamelanorchester erinnerten. Ein Schattenpuppentheater hatte unter freiem Himmel eine Leinwand aufgestellt und jeden Abend gab es Probe, Tests oder Aufführungen – auf sehr hohem Niveau. Ein zehnköpfiges Orchester spielte auf Instrumenten, die ich noch nie gesehen bzw. gehört hatte, und auf der Leinwand tanzten, sangen, stritten und kämpften die Schatten der großen alten Puppen. Ich war jeden Abend da und habe mich mit einem Beerlao zu den Kindern, den wenigen Touristen und den Einheimischen auf die Zuschauerbänke gesetzt. Noch wird nur geprobt, aber schon die Proben waren großartig, und vom nächsten Monat an soll es dann jeden Abend Vorstellungen und auch eine Tournee durch andere Teile von Laos geben.

 

 

 

Schattenpuppentheater in Champasak

 

Puppenspieler

Nach ein paar Tagen bin ich dann weitergefahren, diesmal mit einem Pöngseau, wie die lokalen Busse hier genannt werden: auf einen Pick-up werden ein paar Reihen Bänke geschraubt, drüber ein Dach, ein kräftiger Dachgepäckträger. Dann braucht man noch etliche Dosen Farbe, um das Gerät mit Ranken, Blumen, Bergen und Flüssen zu verzieren und fertig ist der Bus. Mir graute ein wenig vor der Fahrt, denn es kann einem da auch passieren, dass man als 54. Passagier mit zehn Reissäcken und etlichen Körben voller Hühner um die letzten Quadratzentimeter Platz streiten muss, aber die Reise war angenehm, zumal die Straßen hier in  einem erstaunlich guten Zustand sind. Angeblich sind es die Chinesen, die gegen Land, Bodenschätze und anderes die Infrastruktur auf Vordermann bringen, nicht zuletzt, um für die eigenen Zwecke die Nord-Süd-Achse nutzen zu können, die von China über Laos nach Kambodscha bzw. Thailand führt.

 

 Local Bus in Laos

 Laotisch ist eine sehr weiche, klangvolle Sprache. 

Sabaidii! (Tschüß!)



Ratanakiri

7 12 2013

Ratanakiri ist eine Provinz im Nordosten von Kambodscha. Der Name der Hauptstadt bedeutet „rote Erde“ und schon nach wenigen Stunden in Banlung war auch ich überzogen von roten Staub. 

 

 

Straße in Banlung

 

In Ratanakiri wird Kautschuk gewonnen, man baut Cashewnüsse und Maniok an, doch Fremde verirren sich nur hierher, um zu einer Treckingtour im nahen Virachey Nationalpark aufzubrechen.

Mir war nicht so nach Dschungel, zumal alle Zurückkehrenden von Moskitos, Blutegeln und schrecklichen Strapazen berichteten. Aber wo es Dschungel gibt, müssen bisweilen auch große Bäume weggeschleppt werden, und das können eigentlich nur Elefanten. Die seltene Gelegenheit habe ich genutzt. Natürlich kann man auch in Hamburg Lokstedt auf einem Elefanten reiten, aber eben nicht durch den Dschungel!

Mutter und Tochter Elefant gehen immer zusammen, und da ich die einzige Touristin war, setzten sie ihre vielen Tonnen nur für mich in Bewegung und schaukelten mich eine Stunde lang durch die Gegend. Zuerst ging es die rote Piste entlang. Die Mutter ging voraus, die Tochter hinterher. Mein Mahout war ein kaum zwölf Jahre älter Bengel, er saß auf dem Kopf des Elefanten und lenkte nur mit den Füßen. 

Als wir von der Schotterpiste abbogen und in den Wald kamen, fühlte ich mich wie die Königin des Dschungels. Sonst muss man in diesen Breiten ja darauf achten, wohin man tritt, um nicht versehentlich eine Baumwurzel, ein dorniges Gestrüpp oder gar eine Schlange zu übersehen, aber jetzt konnte ich in aller Ruhe und aus einiger Höhe die riesigen Bäume, die seltsamen Schlingpflanzen und die spatzengroßen Schmetterlinge betrachten. Mitten im Wald machte der Mahout des Muttertiers es sich dann bequem, streckte sich auf dem Sattel aus, zog sein Handy aus der Tasche, stellte Musik an, setzte die Ohrhörer ein und chillte eine Runde. 

 

 

Der Wunsch nach etwas Entspannung zwischendurch muss auch die junge Fleischereifachverkäuferin angetrieben haben, die ich auf dem Markt in Banlung sah. Sie saß nicht hinter ihrem Ladentisch und hockte auch nicht mitten in der Ware, sondern schaukelte gemütlich über den Fleischbrocken – in einer Hängematte.

Metzgerei mit Hängematte

 Jeder größere Ort hat eine Markthalle, so auch in Banlung. Doch hier werden nicht etwa Lebensmittel verkauft, sondern Schmuck. In Ratanakiri gibt es viele Edelsteinminen, und die wertvollen Stücke werden in der Markthalle von zahllosen Goldschmieden zu prächtigen Geschmeiden verarbeitet.

 

Goldschmiede in Banlung

In Kratie habe ich einen Blick in verschiedene Tageskliniken geworfen und mir mit Schrecken ausgemalt, was mir bevorstünde, wenn ich hier mit Denguefieber oder Malaria darniederliegen würde. Diese Ambulanzen sind in Ladengeschäften untergebracht und liegen dann zum Beispiel zwischen Busstation und Lebensmittelladen. Der Raum ist zur Straße offen, ein Bett steht neben dem anderen, manche Patienten liegen auch in Hängematten und siechen vor sich hin. Die meisten haben Infusionen am Arm, die aber auch ambulant verabreicht werden, und so sieht man Menschen mit einem Bambusstab mit Infusionsflasche auf ein Motorrad steigen. 

 

In Bandung ragte sogar mal eine Infusion aus einem minivan.

 Krankentransport in Kambodscha

 In Ratanakiri leben viele „minorities“, die mit Körben auf dem Rücken in die Stadt laufen, auf dem Markt einkaufen oder ihre Produkte feilbieten. 

In den traditionellen Häusern leben alle unter einem Dach. Wenn die Kinder erwachsen sind, ziehen sie in ein eigenes kleines Haus, gleich nebenan. Dort bleiben sie, bis sie selbst eine Familie gründen.

Links das Familienhaus, daneben die Häuser für die Teenager. In der Mitte das für den jungen Mann, rechts das für die junge Frau