halong bay – die Bucht des untertauchenden Drachen
28 10 2013In den Bergen lebte einst ein großer Drache. Eines Tages lief er zum Meer und zog dabei mit seinem Schwanz tiefe Furchen ins Land. Als er dann in die Fluten stürzte, wurde das Land überschwemmt und es blieben nur noch die Gipfel der Berge übrig. Die ragen nun aus dem Wasser – fast 3000 an der Zahl. Mitten in dieser spektakulären Landschaft liegt Cat Ba Island, wo ich mir ein paar Tage Erholung von den grossen Städten gönne.
Der Blick von meinem Balkon auf cat ba Island
Die Bucht liegt voller Dschunken, Schaluppen und Fischerboote.
Essen fassen im Hafen
Was trägt man eigentlich zuerst auf? Die Sonnencreme oder das „Nobite“ (Moskitoschutz)? Beides ist nötig, denn ich habe mich zu einem Ausflug „Trekken im Nationalpark auf cat ba Island“ angemeldet. Es geht also in den Dschungel und ich freue mich auf ein paar Stunden Waldspaziergang mit einer munteren Gruppe weiterer Traveller. Es seien etwa zehn andere, hatte es im Hotel geheißen.
Was für ein Glück, dass mein Hotel mit Gas kocht, denke ich, als ich meinen Mangopfannekuchen verspeise, denn sonst hätte ich ohne Frühstück aufbrechen müssen. Auf der Insel ist über Nacht der Strom ausgefallen. Pünktlich um acht hupt der Bus, ich springe rein, entdecke nur zwei, drei weitere Langnasen, denke mir aber nichts dabei. Als wir dann am Parkeingang ankommen, stellt sich heraus, dass die anderen nicht zu meiner Gruppe gehören. Denn die besteht nur aus dem Guide und mir. Wir würden dann 14 Kilometer laufen und 6 Berge erklimmen und ob ich Wasser dabei hätte, fragt er noch, schnitzt sich einen Stecken zurecht – um Schlangen abzuwehren, folgere ich sofort und frage mich, ob ich das wirklich tun soll, ganz allein mit einem fremden Mann, 14 Kilometer, das klingt ganz anders als 3 Hour Walk, wie es in dem Prospekt geheißen hatte. Aber er grinst mich freundlich an, ein ruhiger Mann um die 50 mit gefärbtem Haar, und ich befinde, dass er wohl kaum seine berufliche Existenz und alles weitere aufs Spiel setzen würde, um mich im Dschungel zu ermorden und beschließe, ihm zu folgen.
Wir marschieren eine schmale asphaltierte Strasse entlang und jede Menge Schmetterlinge flattern in der Sonne. Kleine gelbe, spatzengrosse pelzige Schwarze, hellblau gemusterte. Dann wird der Wald dichter, kompakter und höher, bis er uns ganz umschliesst. ie seltenen Languren, eine Affenart, die hier lebt, bekomme ich nicht zu Gesicht, aber jede Menge merkwürdiger Insekten, schroffer Felsen, mannshoher Blätter, seltsamer Schlingpflanzen, wilder Papayas und tropischer Gehölze, die bisweilen sogar vornehm ein Namensschild tragen, schliesslich sind wir hier in einem der bedeutendsten Nationalparks Vietnams. Tan, so heißt mein Guide, zeigt mir eine riesige Spinne, die in einem riesigen Netz am Wegrand auf Beute wartet. Mitsamt ihrer Beine hat sie etwa 20 Zentimeter Durchmesser. Plötzlich bleibt er stehen und deutet ins Unterholz. Da hat sich eine giftgrüne Schlange um einen Busch gewunden.
Kleine grüne Schlange – nicht bei Hagenbeks, sondern in echt!
Baum mit Namenschild
Manche der riesigen Blätter haben jede Menge kreisrunder Löcher. Warum? Wie mir Tan erklärt, war da nicht der liebe Gott mit einem Locher zugange, sondern ein paar doofe Schnecken mampfen solange Grünzeug, bis sie durch das Loch nach unten plumpsen.
Was als asphaltierte Straße begann, wird zum Weg, zum Pfad, bis nur noch gelegentliche rote Pfeile erahnen lassen, dass hier schon mal jemand hergegangen sein muss. Der fünfte Berg hat es dann in sich, wir steigen schroffe Felsen hinauf. Ohne meinen Guide wäre ich hier verschütt gegangen und ich frage mich, was mit den anderen touris ist, die den Park auf eigene Faust erkunden wollen, als ich schweissüberströmt einen Fuß vor den anderen setze und bei jedem Schritt höllisch aufpassen muss, dass ich nicht abrutsche oder das Gleichgewicht verliere. Die Gefahr ist weniger, in die Tiefe zu stürzen, als auf den glatten Steinen abzurutschen und sich den Knöchel zu brechen oder die Hand oder ein paar Finger.
Nach vier Stunden haben wir es dann fast geschafft. Die Berge liegen hinter uns, wir erreichen die Ebene. In einem abgeschiedenen kleinen Dorf hat mein Guide uns per Handy zum Mittagessen angemeldet. Am Tag zuvor waren es 14 touris, erzählt er. Noch eine halbe Stunde gemütlicher Spaziergang, dann sind wir da und ich bekomme reichlich zu essen: 7 verschiedene Teller, Schalen und Schälchen werden vor mir aufgebaut: Reis, Schweinefleisch mit Gemüsezwiebeln und Paprika, Kartoffeln in Soße, eine Art Spinat, ein Omelette mit frühlingszwiebeln und Tomaten, ein Schälchen frisch geröstete Erdnüsse bestreut mit grobem Salz und ein Schälchen Sojasoße mit reichlich Knoblauch. Während ich mir den Bauch vollschlage, springt im Haus meiner Gastgeber plötzlich der Fernseher an und statt der Geräusche eines Dorfes (Hundebellen, mal ein Fahrrad, mal ein Kind, allerlei Getier, ein bisschen Zwitschern und ein Hahn, der kräht) erklingt plötzlich die Stimme eines vietnamesischen Fernsehstars. Es klingt nach Quizshow. Der Stromausfall ist behoben.
Nach dem Essen verzieht mein Guide sich ins Innere des Hauses und macht in einer Hängematte ein Nickerchen und ich habe Zeit, den Blick über die Wiesen schweifen zu lassen, in denen massige Schwarze Wasserbüffel eine erstaunliche Freundschaft mit anmutigen weißen Kormoranen pflegen. Dann tauchen die anderen touris auf, es ist ein englisches Pärchen. Doch, sagen sie, sie hätten den Weg gut gefunden, nur einmal hätten sie das GPS angestellt.
Noch eine Stunde Fussmarsch und wir erreichen wir einen kleinen Hafen. Mit einem Bötchen werden wir nach Hause gefahren.
Tags drauf schippere ich ausgiebig durch die spektakuläre Landschaft. Da im internet schreckliche Geschichten von gesunkenen Touristenbooten kursieren, will ich lieber nicht auf einem übernachten, sondern es bei einer Rundfahrt belassen. Wir kommen an zahllosen Karstkegeln vorbei, die sich die ganze Küste hinaufziehen, bis nach China. Um Cat Ba Island herum leben viele Menschen auf Booten, es sind geradezu schwimmende Dörfer. Hühner gackern, Hunde bellen, es gibt Läden und eine Schule. Hier werden Fische gezüchtet, Perlen kultiviert.
Dann geht das Boot vor Anker: kayaking ist angesagt, aber ich will nicht kayaken, denn ich erinnere mich mit Schrecken an die letzten Versuche auf dem Plöner See, bei denen ich mitsamt meinem Sohn in den Binsen, wenn nicht gleich im Wasser gelandet bin. Außerdem habe ich mir bei meiner Exkursion in den Dschungel die Hand verknackst. Ich lege mich auf die warmen Planken des Oberdecks, das Boot schaukelt sanft, und bestaune, was der Drache hier hinterlassen hat.
Fischer bei cat ba Island
Kaum sind alle wieder an Bord, heißt es: Höhle besichtigen, aber ich gehe auch nicht gerne in enge Höhlen. Ich beschließe, es wenigstens zu probieren,und tapse mit in die feuchte Dunkelheit, in der seltsame Gebilde aus dem Boden wachsen und von der Decke ragen, bis der Guide sagt, jetzt würde es dann eng, immer zwei sollten ihm folgen und den Kopf einziehen und in einen dunklen Gang kriechen. Da will ich dann doch lieber zurück zum Schiff, doch als ich mich zum Eingang der Höhle getastet habe, ist da kein Schiff mehr. Blitzschnell denke ich alle möglichen Szenarien durch: das Schiff holt die Touris am Ausgang der Höhle ab. Ob mich jemand vermissen wird? Ich bin mir nicht so sicher. Muss ich dann hier übernachten oder gar überwintern? Die Höhle wird immer enger und ich kann kaum dem Drang widerstehen, einfach hinaus ins Freie zu schwimmen, ins weite chinesische Meer. Endlich sehe ich eine Taschenlampe flackern, der guide kommt und sagt, das Schiff käme in einer halben Stunde zurück, solange müsse ich dann warten. Puuh, Aufatmen!
Wir schippern noch den ganzen Tag durch die Bucht und immer neue Felsformationen tauchen aus dem leichten Dunst auf. Als ich abends in mein Hotel komme, schwankt der Boden noch immer.
Halong Bucht
Xin chào! liebe Bettina,
Cám ơn! für Deinen neuen Bericht. Du siehst so wunderbare Gegenden dieser Welt und erlebst so viele spannende Abenteuer, wobei ich sehr hoffe, dass es Deiner Hand wieder besser geht. Schön, Dich auch mal wieder in persona auf einem Bild zu sehen. Du siehst wirklich gut aus!
Hier in Hamburg versäumst Du nicht wirklich etwas. Gestern unseren ersten Herbststurm, der fast alles lahm legte. Chaos in der zivilisierten Welt. Stöhnen auf ganz hohem Niveau. Stromausfall hatten wir aber keinen! Ansonsten herbstliches, oft graues Wetter wie in jedem Jahr. Genieße Deine Reise mit vollen Zügen, auch wenn sich ab und an etwas Heimweh einschleichen sollte. Wenn Du mal wieder in Hamburg bist, wird es sich bestimmt in Fernweh wandeln.
Tạm biệt! Mathias
(Viatnemesisch aus dem Internet!)
Liebe Bettina,
es ist aufregend und spannend, deinem Reisebericht zu folgen und ich bin so gerne dabei, wenn du deine Geschichten erzählst. Danke! Liebste Grüße, Marita
gute besserung für deine hand! auf dem foto machst du einen so fröhlichen eindruck. man tapert mit dir in gedanken über glitschige steine, hört förmlich das gebrabbel des vietniamesischen moderators und fühlt die enge in der dunklen höhle.. du solltest reiseberichterstatterin werden… hugs, heike
Hallo. Mathias, schön, dass du so genau liest. Ja, über den Zusammenhang zwischen Fernweh und Heimweh und weh überhaupt denke ich viel nach. Inzwischen mache ich manchmal abends einfach Feierabend, schalte die Glotze an, mach ne Dose Bier auf und gucke deutsche Welle. (Neulich kam maybrit illner). Und das hilft!!!! Am nächsten morgen finde ich die große weite Welt dann wieder richtig aufregend! Bettina